Ungarns Regierung reicht Gesetz wegen EU-Mittel-Kürzung ein

20.09.2022 13:05

Budapest (dpa) - Die ungarische Regierung hat ein erstes Gesetz im
Parlament eingereicht, um eine drohende Kürzung von EU-Mitteln
abzuwenden. Es sieht eine Unvereinbarkeitsregelung für die Mitglieder
von Kuratorien öffentlicher Stiftungen sowie eine verbesserte
Amtshilfe für die EU-Korruptionsermittlungsbehörde Olaf vor. Der
Gesetzesvorschlag erschien am Montagabend auf der Webseite des
ungarischen Parlaments. Ein weiteres Gesetzespaket will die Regierung
von Ministerpräsident Viktor Orban noch am Freitag einbringen.

Nach jahrelangen Vorwürfen wegen mutmaßlichen Missbrauchs von
EU-Geldern und Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit hatte die
EU-Kommission am letzten Sonntag vorgeschlagen, Ungarn Zahlungen in
Höhe von rund 7,5 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt zu kürzen.
Zugleich hatte sie Budapest zwei Monate Zeit gegeben, um die
Missstände abzustellen und damit ungeschoren aus dem
Rechtsstaatsverfahren auszusteigen.

Ein besonders heikler Fall sind die öffentlichen Stiftungen, denen
die Orban-Regierung die meisten Universitäten des Landes zugespielt
hat. In deren Kuratorien sitzen nahezu ausschließlich Orban-loyale
Persönlichkeiten, unter ihnen Minister und Staatssekretäre. Selbst
nach einem Regierungswechsel könnten diese Personen nicht
ausgetauscht werden.

Der Gesetzesentwurf sieht nun vor, dass die Kuratoriumsmitglieder
nicht an Stiftungsentscheidungen teilnehmen dürfen, bei denen sich
für sie Interessenskonflikte auftun würden. Die Politiker müssten
aber künftig nicht aus den Kuratorien ausscheiden, beeilte sich der
ungarische EU-Chefverhandler Tibor Navracsics am Dienstag im
TV-Sender ATV zu erklären. «Die EU-Kommission erwartet das nicht»,
sagte er. Navracsics sitzt selbst einer Stiftung vor, die die
Pannon-Universität in der westungarischen Stadt Veszprem verwaltet.

Des weiteren bestimmt der Gesetzesentwurf, dass die ungarische
Steuerbehörde NAV den Ermittlern der EU-Agentur Olaf Amtshilfe
leisten wird. Unter anderen soll NAV den Olaf-Kollegen bei
Ermittlungen in Ungarn Amtsräumlichkeiten zur Verfügung stellen und
ihnen den Zugang zu den Datenbasen und Dokumenten des Finanzamts
ermöglichen.