Vaterschaftsurlaub: EU-Kommission startet Verfahren gegen Deutschland

21.09.2022 14:23

Brüssel (dpa) - Weil Deutschland neue EU-Regeln zur Vereinbarkeit von
Familie und Beruf nicht richtig umgesetzt hat, geht die Europäische
Kommission gegen die Bundesrepublik vor. Die Brüsseler Behörde teilte
am Mittwoch mit, sie werde ein Aufforderungsschreiben an Deutschland
schicken und leitete damit ein sogenanntes
Vertragsverletzungsverfahren ein. Die Bundesregierung hat nun zwei
Monate Zeit, darauf zu antworten. Die Kommission kann dann
entscheiden, ob sie weitere Schritte unternimmt. Am Ende des
Verfahrens könnte eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof stehen.
Auch 18 andere EU-Länder erhielten von der Kommission ein Schreiben
zu dem Thema.

Die neuen Regeln sehen seit dem 2. August unter anderem vor, dass
Väter oder das zweite Elternteil einen bezahlten Urlaub von
mindestens zehn Tagen nach der Geburt eines Kindes bekommen. In
Deutschland wurde diese Vorgabe jedoch nicht umgesetzt. Das
Familienministerium hatte dies Anfang August damit begründet, dass
die Bundesregierung sich eine Ausnahme ausgehandelt habe. Die bereits
bestehenden Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf gingen
teils weit über die neuen EU-Regeln hinaus, hieß es.

So schreiben die EU-Regeln etwa vor, dass jedes Elternteil bis zu
vier Monate Elternzeit bekommen soll, von denen mindestens zwei
bezahlt werden müssen. Deutschland ist hier großzügiger: Arbeitnehmer

können bis zu drei Jahre Elternzeit nehmen. Teilen sich beide Eltern
die Zeit, können bis zu 14 Monate davon bezahlt werden.

Einigen Verbänden reicht das nicht. Eine vom Väterzentrum Dresden
organisierte Petition fordert auch in Deutschland zehn Tage
Vaterschaftsurlaub. In ihrem Koalitionsvertrag hat die Regierung aus
SPD, Grünen und FDP sich bereits dazu bekannt. «Dazu soll noch in
diesem Jahr ein eigenes Gesetz auf den Weg gebracht werden», hieß es
im August aus dem Familienministerium.