EuGH entscheidet über Verjährung von Urlaubsansprüchen

22.09.2022 04:00

Wann verjährt der Anspruch auf Urlaub, wenn jemand im Urlaubsjahr
krank war? Welche Pflichten treffen den Arbeitgeber? Dazu fällt der
EuGH nun sein Urteil - Hintergrund sind drei Fälle aus Deutschland.

Luxemburg (dpa) - Der Europäische Gerichtshof (EuGH) könnte am
Donnerstag den Anspruch auf Urlaub von Arbeitnehmern stärken. Das
höchste EU-Gericht urteilt über die Frage, ob der Anspruch auf Urlaub
in bestimmten Fällen doch nicht verjährt.
(C-120/21;C-518/20;C-727/20) Knackpunkt ist dabei unter anderem, wie
sehr der Arbeitgeber seinen Teil dazu beitragen und beispielsweise
darauf hinweisen muss, dass der Urlaub bald verfällt.

Hintergrund sind mehrere Fälle aus Deutschland. Zwei davon betreffen
den Urlaubsanspruch bei Krankheit. Die Kläger machen geltend, dass
sie einen Anspruch auf bezahlten Urlaub für das Jahr haben, in dem
sie aus gesundheitlichen Gründen erwerbsgemindert beziehungsweise
arbeitsunfähig waren. Zum einen geht es um einen Mitarbeiter, der
klagte, weil ihm sein Arbeitgeber für das Jahr 2014 seiner Ansicht
nach noch 34 Arbeitstage Urlaub schulde, die er aus gesundheitlichen
Gründen nicht nehmen konnte. Der Arbeitgeber argumentiert, der nicht
genommene Urlaub sei nach Ablauf des Übertragungszeitraums im Jahr
2016 erloschen.

Im zweiten Fall war eine Mitarbeiterin im Jahr 2017 arbeitsunfähig
geworden. Sie habe ihren gesetzlichen Urlaub für 2017 nicht
vollständig in Anspruch genommen. Der Arbeitgeber hatte sie nach
Informationen des EuGH weder aufgefordert, ihren Urlaub zu nehmen,
noch darauf hingewiesen, dass nicht beantragter Urlaub mit Ablauf des
Kalenderjahres oder Übertragungszeitraums verfallen könne.

Bislang verfallen Urlaubstage 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres,
wenn der Arbeitnehmer krank war und nicht arbeiten konnte. Das
Bundesarbeitsgericht möchte vom EuGH wissen, ob der Urlaubsanspruch
auch dann nach 15 Monaten verfällt, wenn der Arbeitnehmer im
jeweiligen Jahr krank war und der Arbeitgeber seine Pflichten nicht
erfüllt hat und beispielsweise keine Frist gesetzt hat, bis zu der
der Urlaub genommen werden soll.

Im dritten Fall konnte die Klägerin ihren Urlaub nach eigener Aussage
wegen des hohen Arbeitsaufwands nicht nehmen und forderte eine
Abgeltung der Urlaubstage. Ihr Arbeitgeber argumentierte, dass die
Urlaubsansprüche nach der im Zivilrecht üblichen Frist von drei
Jahren verjährt seien. Auch hier ist die Frage, ob der Anspruch auf
bezahlten Jahresurlaub verjähren kann, wenn der Arbeitgeber die
Mitarbeitenden nicht auffordert, den Urlaub zu nehmen.

Die Generalanwälte am EuGH stärkten in ihren Schlussanträgen vom Mä
rz
in allen drei Fällen die Hoffnungen auf einen gültigen
Urlaubsanspruch. Sie betonten die Mitwirkungspflicht des
Arbeitgebers, der auf bestimmte Fristen hinweisen müsse. Diese
Gutachten sind rechtlich nicht bindend. Die EuGH-Richter folgen ihnen
oft, aber nicht immer.