Studie: USA wird voraussichtlich wichtigster LNG-Lieferant für EU

22.09.2022 12:32

Nach dem Gas-Lieferstopp durch Russland wird verflüssigtes Erdgas
(LNG) für die Gasversorgung Deutschlands und Europas immer wichtiger.
Doch aus welchen Ländern wird es künftig vor allem kommen? Eine neue
Studie im Auftrag der Gaswirtschaft sieht ein Lieferland klar vorn.

Köln (dpa) - Die USA werden in Zukunft laut einer Studie
voraussichtlich der wichtigste Lieferant für verflüssigtes Erdgas
(LNG) in Deutschland und Europa. Zu diesem Ergebnis kommt eine am
Donnerstag vorgestellte Untersuchung des Energiewirtschaftlichen
Instituts an der Universität zu Köln (EWI) im Auftrag des
Branchenverbandes Zukunft Gas. Die Studie untersucht in verschiedenen
Szenarien den künftigen Gashandel zwischen der Europäischen Union
(EU) und Russland und deren Auswirkungen auf die globalen
Handelsbeziehungen. «Klares Ergebnis: Der europäische Bedarf nach LNG
steigt deutlich», teilte der Branchenverband mit.

Zusätzliches Pipeline-Gas könne nur in begrenztem Umfang von
Norwegen, Aserbaidschan und Algerien bezogen werden. Die Lücke der
russischen Gaslieferungen müsse daher mithilfe von LNG-Importen
gefüllt werden, hieß es. «Dabei könnten LNG-Lieferungen aus den USA

die größte Rolle auf dem europäischen Markt übernehmen.»

In allen untersuchten Szenarien stiegen die Importe der USA gegenüber
dem Jahr 2021 deutlich an. Sollte zwischen Russland und der EU kein
Gas gehandelt werden, geht die Studie für 2030 von einem USA-Anteil
an den Gesamtimporten der EU von 39 Prozent aus, unter der
Voraussetzung, dass bis dahin genügend Verflüssigungsanlagen gebaut
werden. «Damit würde sich die EU neben Asien zu einem der wichtigsten
Absatzmärkte für Erdgas aus den USA entwickeln.» Norwegen kommt in
dem Szenario auf 28 Prozent Lieferanteil. Wie sich eine bislang nicht
begonnene Förderung von sogenanntem Frackinggas in Deutschland auf
die Gasmärkte auswirken würde, wurde in der Studie nicht untersucht.

Die Studienautoren erwarten bei LNG aus Katar nur ein beschränktes
Wachstum. Auch zusätzliche Importe aus Australien oder Kanada würden
vermutlich für den europäischen Markt nicht bedeutend sein. «Die
zusätzlichen Mengen können jedoch helfen, Knappheiten auf den
Weltmärkten zu verhindern.» Auch eine geringere Nachfrage könnte dazu

beitragen, beispielsweise durch Elektrifizierung, eine höhere
Effizienz und die Produktion von Biomethan als Erdgas-Ersatz.

Mit einer Entspannung bei den Gaspreisen wird ab 2024 gerechnet.
«Der zügige Ausbau der LNG-Terminals in Europa wird Importengpässe
beseitigen und die europäischen und asiatischen Preise angleichen»,
erklärte Zukunft Gas-Vorstand Timm Kehler. Ein Preisniveau wie 2018
erwarten die Studienautoren allerdings frühestens 2026 und auch nur
bei einem zumindest teilweise bestehenden Handel mit Russland. Ohne
russisches Gas könnten die Großhandelspreise in Nordwesteuropa auch
im Jahr 2026 noch über 90 Euro je Megawattstunde liegen. «Bei einer
global sinkenden Nachfrage kann jedoch das Preisniveau von 2018 auch
ohne russisches Gas bis 2030 wieder erreicht werden.»