Pro Asyl: Weg für russische Kriegsdienstverweigerer ist versperrt

22.09.2022 13:37

Berlin (dpa) - Appelle zur Aufnahme russischer
Kriegsdienstverweigerer sind nach Einschätzung von Pro Asyl ohne
Substanz, solange es für die Betroffenen keine Möglichkeit zur
Einreise in die Europäische Union gibt. «Wenn man ihnen Schutz
gewähren will, muss man ein Verfahren etablieren, wie diese Menschen
die europäischen Außengrenzen übertreten können», sagte
Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt am Donnerstag der Deutschen

Presse-Agentur. Ein gangbarer Weg wäre etwa die Erteilung humanitärer
Visa an von der Teilmobilmachung betroffene Russen, denen die
Ausreise in Länder wie Georgien oder die Türkei gelungen sei.
Burkhardt warb zugleich auch für die Aufnahme von
Kriegsdienstverweigerern aus Belarus.

Wer als russischer Staatsbürger, um nicht in der Ukraine kämpfen zu
müssen, in Deutschland Asyl beantragt, hat auch jetzt schon gute
Aussichten, einen Schutzstatus zu erhalten. Allerdings schreckten in
der Vergangenheit viele Russen, ebenso wie etwa auch türkische
Staatsbürger, davor zurück, einen Asylantrag zu stellen - aus Angst,
dadurch womöglich eine spätere Rückkehr in die Heimat zu erschweren.

Der drohende Wehrdienst wird beispielsweise auch von Asylbewerbern
aus Eritrea häufig als Fluchtgrund angeführt.

Nach der vom Kreml verkündeten Einberufung von 300 000 Reservisten
hatten viele junge Männer versucht, sich aus Russland abzusetzen.
«Anscheinend verlassen viele Russen ihre Heimat: Wer Putins Weg hasst
und die liberale Demokratie liebt, ist uns in Deutschland herzlich
willkommen», schrieb Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) in
der Nacht auf Twitter. Die Co-Vorsitzende der Linken, Janine Wissler,
hatte zuvor eine rasche, unbürokratische Aufnahme von Menschen, die
nicht als Reservisten eingezogen werden wollen, gefordert.

Der Grünen-Politiker Erik Marquardt forderte am Donnerstag ein
EU-Aufnahmeprogramm für diese Männer. «Die EU-Kommission muss schnell

die Zügel in die Hand nehmen», sagte der EU-Abgeordnete der dpa. Die
EU könne kein Interesse daran haben, Menschen, die nicht für Putin
kämpfen wollten, in den Krieg zu schicken. Diese Menschen dürften an

den EU-Außengrenzen nicht abgewiesen werden.

Eine Sprecherin der EU-Kommission betonte am Donnerstag, dass die
Betroffenen das Recht hätten, einen Asylantrag in der EU zu stellen.
Diese müssten dann auf Einzelfallbasis geprüft werden. Grundsätzlich

müssten dabei angesichts der geopolitischen Lage auch
Sicherheitsaspekte berücksichtigt werden. Man arbeite mit den
EU-Staaten daran, einen gemeinsamen Ansatz zu finden.