Euro fällt zum US-Dollar auf 20-Jahrestief - Japan interveniert

22.09.2022 17:12

Frankfurt/Main (dpa) - Der Euro ist am Donnerstag zeitweise auf ein
20-Jahrestief zum US-Dollar gefallen. In der Nacht sackte die
Gemeinschaftswährung bis auf 0,9809 Dollar und damit auf den tiefsten
Stand seit Ende 2002. Am späten Nachmittag wurde der Euro mit 0,9816
Dollar knapp darüber gehandelt. Die Europäische Zentralbank setzte
den Referenzkurs auf 0,9884 (Mittwoch: 0,9906) Dollar fest. Der
Dollar kostete damit 1,0117 (1,0095) Euro.

Belastet wurde der Euro zuletzt, wie auch viele andere Währungen,
durch den starken Dollar. Die US-Währung profitiert zum einen von der
straffen Geldpolitik der US-Notenbank Federal Reserve, die ihren
Leitzins am Mittwochabend zum dritten Mal in Folge kräftig um 0,75
Prozentpunkte anhob. Hintergrund ist die sehr hohe Inflation. Zum
anderen ist der Dollar wegen der zunehmend trüben geopolitischen Lage
gefragt. Die Teilmobilmachung Russlands hatte die Anleger schon am
Vortag in den sicheren Hafen Dollar getrieben. Zuvor hatte der Euro
noch in der Nähe der Parität zum Dollar notiert.

«Da die Energielieferungen aus Russland bereits größtenteils zum
Erliegen gekommen sind, dürften die direkten Auswirkungen der
erneuten Eskalation vorerst gering bleiben», kommentierte Expertin
Esther Reichelt von der Commerzbank. «Die Wechselkursreaktionen haben
jedoch gezeigt, dass die sich aus dem Ukraine-Krieg ergebenden
Risiken keineswegs vollständig eingepreist sind.» Europa ist deutlich
abhängiger von russischer Energie als die USA.

Der Yen hat unterdessen nach einer Devisenmarktintervention zugelegt.
Die japanische Regierung stemmt sich damit gegen die extrem schwache
Landeswährung. Der Yen wird seit langem durch die Geldpolitik der
japanischen Zentralbank belastet, die sich im Gegensatz zu vielen
anderen Notenbanken nicht gegen die Inflation stemmt. Am Donnerstag
wurde diese Politik nach der Zinssitzung der Zentralbank bestätigt.
Der Yen legte nach der Intervention zu Dollar und Euro zu.

Die türkische Notenbank hat ihre Leitzinsen trotz der hohen Inflation
erneut gesenkt. Sie steht angesichts der sehr lockeren Geldpolitik
schon seit längerem unter Druck. Gegenüber dem Dollar ist sie
gegenwärtig so schwach wie noch nie. In der Spitze erreichte der
Dollar einen Rekordstand von 18,40 Lira. Die Inflation in der Türkei
hatte im August bei gut 80 Prozent gelegen. Dies war der höchste
Stand seit 24 Jahren. Eigentlich wären nach ökonomischer Lehrmeinung
deutliche Zinserhöhungen angesagt, aber der türkische Staatspräsident

setzt die Notenbank unter Druck und fordert immer wieder
Zinssenkungen.

Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für
einen Euro auf 0,87256 (0,87335) britische Pfund, 139,18 (142,66)
japanische Yen und 0,9684 (0,9549) Schweizer Franken fest. Eine
Feinunze Gold wurde am Nachmittag in London zum Preis von 1673 Dollar
gehandelt. Das war rund ein Dollar weniger als am Vortag.