EU einigt sich auf Gewinnabschöpfung gegen hohe Energiepreise

30.09.2022 11:22

Verbraucher ächzen, die Wirtschaft stöhnt: Seit Wochen wird in
Brüssel nach einer wirksamen Reaktion auf die schwindelerregend hohen
Energiepreise gesucht. Nun haben sich die EU-Länder auf einen
Kompromiss geeinigt.

Brüssel (dpa) - Die EU-Staaten haben sich angesichts hoher
Energiepreise auf europäische Notmaßnahmen verständigt, um Strom zu
sparen und Entlastungen zu finanzieren. Die zuständigen Minister
einigten sich am Freitag darauf, dass Energieunternehmen künftig
einen Teil ihrer Krisengewinne an den Staat abgeben müssen, wie die
tschechische Ratspräsidentschaft mitteilte. Mit diesem Geld sollen
Verbraucher entlastet werden. Die Einigung muss noch formell
bestätigt werden.

Da der Gaspreis vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine stark
gestiegen ist, ist auch Strom teurer geworden. Das liegt daran, dass
der Strompreis durch das teuerste Kraftwerk bestimmt wird, das zur
Produktion eingeschaltet wird - derzeit sind das vor allem
Gaskraftwerke. Auch Produzenten von billigerem Strom - etwa aus
Sonne, Wind, Atomkraft oder Braunkohle - können diesen zu hohen
Preisen verkaufen.

Ihre Einnahmen sollen künftig bei 180 Euro pro Megawattstunde
gedeckelt werden, wie Diplomaten bestätigten. Mit dem Überschuss
sollen Entlastungen für Bürger finanziert werden. Deutschland hatte
eine Einnahmengrenze unterstützt. Bundeswirtschaftsminister Robert
Habeck (Grüne) sagte am Rande des Treffens, die Bundesregierung habe
sich darauf vorbereitet, und die Umsetzung könne vergleichsweise
schnell gehen.

Die Maßnahmen treffen nicht nur die Produzenten von billigem Strom
aus erneuerbaren und anderen Quellen, sondern auch Öl-, Kohle- und
Gasunternehmen sowie Raffinerien. Sie sollen eine Solidaritätsabgabe
von mindestens 33 Prozent auf ihre Übergewinne zahlen. Mit dem Geld
sollen ebenfalls Entlastungen für Bürger und Unternehmen finanziert
werden.

Die Vertreter billigten auch ein verpflichtendes Stromsparziel von
fünf Prozent in Zeiten hoher Nachfrage. Dann kostet Strom besonders
viel, da teures Gas zur Produktion genutzt werden muss. Insgesamt
sollten die EU-Länder ihren Stromverbrauch freiwillig um 10 Prozent
senken.

Die Minister wollten auch einen EU-weiten Gaspreisdeckel diskutieren,
wie ihn mehr als die Hälfte der EU-Staaten gefordert hat. Dazu sollte
es noch keinen Beschluss geben. Deutschland hatte den Vorschlag von
Italien, Frankreich, Belgien und anderen Ländern nicht unterstützt
und mit der Versorgungssicherheit argumentiert. Habeck warnte, man
dürfe es nicht dazu kommen lassen, dass zu wenig Gas nach Europa
komme.