Von der Leyen offen für generellen Gaspreisdeckel

05.10.2022 18:27

Mehr als die Hälfte der EU-Staaten spricht sich dafür aus, den
Gaspreis sowohl am europäischen Großhandel zu deckeln als auch den
Preis für Importe. Deutschland und andere Staaten sind skeptisch.

Straßburg (dpa) - EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat
sich offen für einen grundsätzlichen Preisdeckel auf Gas gezeigt.
«Eine solche Obergrenze für die Gaspreise muss so gestaltet sein,
dass die Versorgungssicherheit gewährleistet ist», sagte die deutsche
Politikerin am Mittwoch im Straßburger Europaparlament. Zudem müsse
es eine vorübergehende Maßnahme sein, «bis wir einen neuen
EU-Preisindex entwickelt haben, der ein besseres Funktionieren des
Marktes gewährleistet».

Ein Sprecher der EU-Kommission präzisierte später, dass damit ein
Maximalpreis für in der EU gehandeltes Gas gemeint sei, bezogen auf
den Großhandel. Details des Vorschlags würden noch ausgearbeitet.
Preisdeckel sind schon seit Monaten im Gespräch, um den hohen
Gaspreis zu senken - strittig ist jedoch, wo der Preis geregelt
werden soll.

Mehr als die Hälfte der EU-Staaten hatte zuletzt gefordert, den
Gaspreis sowohl am europäischen Großhandel zu deckeln als auch den
Preis für Importe. Deutschland und andere Staaten sind jedoch
skeptisch und argumentieren, dass dadurch womöglich nicht mehr
ausreichend Gas in die EU geliefert werden würde. Von der Leyen
betonte, die Versorgungssicherheit müsse gewährleistet werden, dies
sei aber ein schmaler Grat. Ökonomen warnen zudem, dass
Gaspreisdeckel grundsätzlich zu einem höheren Gasverbrauch führen
würden, was die Gasknappheit verstärken dürfte.

Von der Leyens Vorstoß ist Teil eines Fahrplans, den sie in einem
Brief an die Staats- und Regierungschefs für den EU-Gipfel am Freitag
schickte. Teil davon sei auch, als ersten Schritt einen
Gaspreisdeckel nur für jenes Gas vorzuschlagen, das zur
Stromerzeugung genutzt wird. Ähnliches hatten etwa Spanien und
Portugal bei sich eingeführt. Dieser müsse so ausgearbeitet werden,
dass der Gasverbrauch nicht steige. Daher brauche man verpflichtende
Gassparmaßnahmen, schrieb von der Leyen in dem Brief.

Zudem müssten unter anderem Verhandlungen mit vertrauenswürdigen
Partnern wie Norwegen für weitere Gasimporte ausgebaut werden. Dabei
müsse man sich auf einen Preiskorridor einigen, damit es keine
«verrückten Spitzen» der Preise mehr gebe. Bundeswirtschaftsminister

Robert Habeck (Grüne) hatte zuletzt «Mondpreise» beklagt, die auch
befreundete Länder erzielten. Zudem müssten gemeinsame Einkäufe der
EU-Staaten gestärkt werden, damit diese sich nicht gegenseitig
überböten und die Preise hochtrieben, sagte von der Leyen. Sie schlug
auch vor, Finanzmittel für Investitionen in die Energiewende
aufzustocken.

Grundsätzlich beziehen die EU-Staaten ihren Angaben zufolge immer
weniger russisches Gas. Die russischen Gaslieferungen seien von 41
Prozent auf 7,5 Prozent der gesamten Einfuhren zurückgegangen. Die
Gasspeicher seien fast zu 90 Prozent gefüllt - 15 Prozent mehr als zu
diesem Zeitpunkt im vergangenen Jahr. Insgesamt habe man den
Gasverbrauch um 10 Prozent gesenkt.