Bundesbank-Präsident: Bei Zinserhöhungen nicht zu früh nachlassen

18.11.2022 14:00

Frankfurt/Main (dpa) - Bundesbank-Präsident Joachim Nagel dringt auf
weitere Zinserhöhungen im Kampf gegen die nach wie vor extrem hohe
Inflation. «Das Eurosystem ist auf dem richtigen Weg. Mit drei großen
Leitzinserhöhungen in Folge haben wir wichtige Schritte auf dem Weg
der geldpolitischen Normalisierung gemacht», sagte Nagel am Freitag
bei einem Bankenkongress in Frankfurt. «Aber wir können hier nicht
stehen bleiben. Weitere entscheidende Schritte sind notwendig.»

Die Europäische Zentralbank (EZB) versucht nach langem Zögern seit
Juli mit kräftigen Zinserhöhungen die Inflation einzudämmen. Der
Leitzins im Euroraum, der jahrelang auf dem Rekordtief von null
Prozent eingefroren war, liegt inzwischen bei 2,0 Prozent. Höhere
Zinsen sind allerdings auch eine Bürde für die Wirtschaft, etwa weil
sich Kredite verteuern.

Er hielte es für «falsch, aus Angst vor einem Abschwung mit weiteren
entscheidenden Schritten zu warten», betonte Nagel. Die Geldpolitik
dürfe nicht zu früh nachlassen. «Die Inflation ist eine harte Nuss,
die es zu knacken gilt. Wenn wir sie knacken wollen, muss auch die
Geldpolitik hart sein», sagte der Bundesbank-Präsident.

Die EZB strebt mittelfristig im Euroraum Preisstabilität bei einer
Teuerungsrate von 2,0 Prozent an. Im Euroraum lagen die
Verbraucherpreise im Oktober um 10,6 Prozent über dem Niveau des
Vorjahresmonats. «Um die Rückkehr zur Preisstabilität zu
gewährleisten, müssen die langfristigen Nominal- und Realzinsen in
ausreichendem Maße steigen, weshalb die Leitzinsen weiter erhöht
werden müssen», bekräftigte Nagel, der im EZB-Rat mitentscheidet.

Auch der weitere Ausstieg aus der jahrelang ultralockeren Geldpolitik
inklusive milliardenschwerer Wertpapierkäufe sollte nach Dafürhalten
Nagels vorangetrieben werden: «Meiner Meinung nach sollten wir Anfang
nächsten Jahres damit beginnen, den Umfang unserer Anleihebestände zu
reduzieren, indem wir nicht mehr alle fällig werdenden Anleihen
vollständig reinvestieren. Die zusätzliche Straffung würde dazu
beitragen, die Inflation zu senken.»