EZB-Chefvolkswirt rechnet auch im kommenden Jahr mit Zinserhöhungen

21.11.2022 14:05

Frankfurt/Main (dpa) - Die Europäische Zentralbank (EZB) dürfte nach
Einschätzung ihres Chefvolkswirtes Philip Lane im kommenden Jahr die
Zinsen weiter erhöhen. «Ich glaube nicht, dass der Dezember die
letzte Zinserhöhung sein wird», sagte Lane in einem am Montag
veröffentlichten Interview der Nachrichtenagentur Market News. Eine
weitere kräftige Erhöhung um 0,75 Prozentpunkte ist aus Sicht Lanes
bei dem Treffen des EZB-Rates am 15. Dezember nicht zwingend. Jedes
Treffen sei anders. «Aber eine Plattform für die Erwägung einer sehr

großen Erhöhung, wie zum Beispiel 75 Basispunkte, ist nicht mehr
vorhanden.»

Die EZB strebt für den Euroraum mittelfristig Preisstabilität bei
zwei Prozent Teuerung an. Im Oktober lagen die Verbraucherpreise im
Währungsraum der 19 Länder angetrieben durch weiterhin hohe
Energiepreise um 10,6 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats.
Europas Währungshüter stemmen sich seit Juli mit kräftigen
Zinserhöhungen gegen die extrem hohe Teuerung. Der Leitzins im
Euroraum, der jahrelang auf dem Rekordtief von null Prozent
eingefroren war, liegt inzwischen bei 2,0 Prozent.

Höhere Zinsen sind allerdings auch eine Bürde für die Wirtschaft,
etwa weil sich Kredite verteuern. Der gemeinsame Währungsraum spürt
derzeit starken wirtschaftlichen Gegenwind wegen der Folgen des
Ukraine-Kriegs und der damit verbundenen Explosion der Energiepreise.
Die Euro-Währungshüter gehen Lane zufolge derzeit davon aus, dass
eine mögliche Rezession «mild und von kurzer Dauer sein wird».