Aktionsplan soll illegale Migration übers Mittelmeer eindämmen

21.11.2022 15:52

Brüssel (dpa) - Die illegale Migration über das zentrale Mittelmeer
soll nach dem Willen der EU-Kommission deutlich entschlossener
bekämpft werden. Seit Anfang des Jahres seien bereits mehr als 90 000
Menschen über Länder wie Libyen und Tunesien in die EU gekommen,
teilte die Brüsseler Behörde am Montag zur Vorstellung eines neuen
Aktionsplans vor. Dies entspreche einem starken Anstieg um mehr als
50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Nahezu alle Migranten kommen
dabei in Italien an, nur ganz wenige auf Malta.

«Wir müssen bedenken, dass eine deutliche Mehrheit der Menschen, die
heute über diese zentrale Mittelmeerroute ankommen, keinen
internationalen Schutz braucht», sagte die zuständige EU-Kommissarin
Ylva Johansson. Viele von den Menschen, die vor allem aus Ägypten,
Tunesien und Bangladesch kämen, wollten in der EU Geld verdienen.

Der Aktionsplan sieht insbesondere vor, die Zusammenarbeit mit
Herkunfts- und Durchreiseländer zu intensivieren und in Nordafrika
ein neues Programm gegen Menschenschmuggel zu starten. Nationale
Aktivitäten von EU-Staaten sollen in einer «Team Europe Initiative»
zusammengeführt und besser koordiniert werden. Für den Einsatz von
privaten Seenotrettungsschiffen, die immer wieder Hunderte Migranten
in europäische Häfen bringen, könnte es einen speziellen Rahmen und
Richtlinien der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation geben.

Zudem soll der freiwillig von rund 20 EU-Staaten unterstützte
Solidaritätsmechanismus besser genutzt werden. Er wurde im Juni ins
Leben gerufen, um Länder zu unterstützen, in denen viele
Bootsflüchtlinge ankommen. Derzeit ist dies vor allem Italien.

Besonders kompliziert macht die Situation, dass die neue rechte
Regierung in Rom private Rettungsschiffe mit Migranten am liebsten
gar nicht mehr in italienische Häfen fahren lassen würde. Auch
deswegen hat die tschechische EU-Ratspräsidentschaft für den
kommenden Freitag ein Sondertreffen der Innenminister in Brüssel
einberufen. Dabei dürfte es auch um den neuen Aktionsplan gehen.

Italiens Innenminister, Matteo Piantedosi, zeigte sich über die
Ankündigung aus Brüssel zufrieden. Der Solidaritätsmechanismus habe
für Italien bis heute «absolut unzureichende Ergebnisse» geliefert,
kritisierte der parteilose Minister. Piantedosi forderte außerdem
eine bessere Koordinierung der Such- und Rettungseinsätze im
Mittelmeer, die auch die Flaggenstaaten einbinde.

Damit bezog er sich auf den jüngsten Fall mehrerer Schiffe von
privaten Hilfsorganisationen. Diese fuhren unter den Flaggen
Deutschlands und Norwegens. Die Staaten sahen sich allerdings nicht
in der Verantwortung, als die Schiffe tagelang mit fast 1000
geretteten Migranten an Bord vor der Küste Italiens auf die Zuweisung
eines Hafens warteten.