Landesbauernpräsident: «Der Schuh drückt an jeder Stelle»

24.11.2022 16:45

Klimafreundlich und nachhaltig: Auch für Landwirtschaftsbetriebe in
Brandenburg beginnt bald eine neue EU-Förderperiode. Bauern werden im
Wandel gefördert, aber auch gefordert. Betriebe sehen mit den
Verordnungen angesichts von Inflation und Energiekrise neue Probleme.

Seddiner See (dpa/bb) - Energie- und Klimakrise,
Tierwohl-Anforderungen, strenge Vorgaben beim Einsatz von
Düngemitteln: Brandenburgs Landwirte sehen sich in den kommenden
Jahren mit Blick auf die Lebensmittelsicherung vor enormen
Herausforderungen. «Der Schuh drückt an jeder Stelle, das erschlägt
die Betriebe», sagte Landesbauernpräsident Henrik Wendorff der
Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag am Rande einer Klausurtagung
unter anderem mit Agrarminister Axel Vogel (Grüne). Thema war auch
die neue EU-Förderperiode der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Vogel
sieht damit viele Fördermöglichkeiten für die Brandenburger Bauern.

Insgesamt stehen Brandenburg mit der GAP bis 2027 für Direktzahlungen
rund 330 Millionen Euro zur Verfügung. Für die Förderung im Rahmen
des ELER (Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des
ländlichen Raums) stehen rund 717 Millionen Euro bis 2027 bereit,
darunter rund die Hälfte der Mittel - 358 Millionen Euro - für
Umwelt- und Klimaleistungen. Mit dem jetzt von der Europäischen
Kommission bestätigten deutschen GAP-Strategieplan hätten Landwirte,
Agrarbetriebe und Akteure endlich Planungssicherheit, sagte Vogel.

Bei dem Treffen ging es auch um die wirtschaftliche Situation der
Betriebe in Zeiten der Krise und des Wandels. Ein Drittel der
landwirtschaftlichen Flächen werde in den kommenden Jahren verloren
gehen - etwa durch Infrastrukturplanungen, Photovoltaik- und
Windkraftanlagen sowie Moorschutz, sagte Landesbauernpräsident Henrik
Wendorff der Deutschen Presse-Agentur. «Die Frage ist: Können wir uns
das mit Blick auf die Lebensmittelsicherheit und Regionalität
leisten?»

Zudem belasten ihm zufolge drastisch gestiegene Produktionskosten für
Lebensmittel die Landwirte zunehmend. «Wir kommen aus drei ganz
schlechten Ertragsjahren, in den Betrieben gibt es auch sehr viel
Not», so Wendorff. Es gebe zwar positive Signale von den Milchbauern,
die Situation bei den Schweinehaltern sei dagegen katastrophal. Die
Afrikanische Schweinepest wirke sich bei vielen Betrieben noch immer
im «Tagesgeschäft» aus. Dennoch stellten sich die Bauern der neuen
europäischen Agrarpolitik, betonte er.

Agrar- und Umweltminister Vogel sagte bei dem Treffen, das
drängendste Problem sei die wirtschaftliche Situation der
Landwirtschaftsbetriebe. Sie lebten derzeit oft von ihrer Substanz.
Aufgabe sei es nun, in der neuen EU-Förderperiode soviel Geld wie
möglich nach Brandenburg zu holen. Das Ministerium unterstütze dabei.

«Mit dem, was wir derzeit auf den Höfen verdienen, ist es unmöglich,

sich überhaupt anzupassen», sagte Wendorff mit Blick auf die neuen
EU-Verordnungen. Auch der Agrarminister sieht, dass die neue
GAP-Periode den Landwirten einiges abverlange. Brandenburg werde
daher bei den neuen Regelungen ab 2023 mit einem Beratungsangebot zur
Seite stehen.

Künftig stehen in Deutschland jährlich rund sechs Milliarden Euro an
EU-Mitteln für ein nachhaltiges und resilientes Agrar- und
Ernährungssystem sowie für attraktive ländliche Räume bereit. An
diesem Freitag beschäftigt sich der Bundesrat mit den
GAP-Verordnungen.