Nordirische Protestanten sehen sich durch Brexit-Streit gestärkt

25.11.2022 03:00

London (dpa) - Die wichtigste protestantische Partei in Nordirland
sieht sich durch den Streit über Brexit-Sonderregeln für die Provinz
gestärkt. Die Democratic Unionist Party (DUP) liege in Umfragen bei
27 Prozent, nachdem sie bei der vorigen Abstimmung im Mai 21 Prozent
erhalten hatte, sagte Parteichef Jeffrey Donaldson vor Journalisten
in London. «Wir sind bereit, einen Wahlkampf zu führen, wenn eine
Wahl einberufen wird. Ich bin mir sicher, dass die Position der DUP
in einer Wahl gestärkt würde.» Zugleich aber lehnte Donaldson eine
Neuwahl ab. Dies führe nur zu einer noch stärken Polarisierung in
Nordirland. «Wir brauche eine Lösung, keine Wahl», sagte er.

In Nordirland gibt es derzeit keine Regierung. Die DUP fordert als
Bedingung für einen Eintritt in eine Einheitsregierung mit der
katholisch-republikanischen Partei Sinn Fein ultimativ eine Aufhebung
der Sonderregeln, auf die sich Großbritannien und die EU nach dem
Brexit geeinigt hatten. Lässt die DUP nicht von ihrer Blockade ab,
muss die britische Regierung eine Neuwahl ansetzen - ausgerechnet um
die Zeit des 25. Jubiläums des Karfreitagsabkommens im April.

Donaldson forderte Großbritannien und die EU zu einer raschen
Einigung auf. Es sei möglich, den Brexit-Streit bis zum 25. Jahrestag
des Karfreitagabkommens zu lösen. «Aber dafür ist größere
Entschlossenheit auf beiden Seiten nötig.» Donaldson widersprach
Vorwürfen, die DUP blockiere eine Einigung. Seine Partei habe
sinnvolle Vorschläge gemacht, sagte er.

Das sogenannte Nordirland-Protokoll zwischen London und Brüssel soll
eine harte Grenze auf der irischen Insel verhindern. Allerdings ist
dadurch eine Zollgrenze zwischen Nordirland und dem Rest des
Vereinigten Königreichs entstanden.

«Das Protokoll hat zur Entfremdung der Unionisten vom politischen
System geführt», sagte Donaldson. Lebensmittelpreise in Nordirland
seien wegen Zollgebühren und Bürokratie gestiegen, und manche Dinge
würden gar nicht mehr von Großbritannien in die Provinz geschickt.
Nordirland müsse zahlreichen EU-Gesetzen folgen, die der Realität
nicht standhalten, sagte der Parteichef. Das Protokoll gefährde den
politischen Konsens in Nordirland und das Karfreitagsabkommen.
Vorschläge der EU, die entstandene Alltagsprobleme lösen sollen,
lehnte Donaldson als unzureichend ab.