Gericht: Aserbaidschan soll Latschin-Korridor für Kranke freigeben

21.12.2022 19:19

Straßburg (dpa) - Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte
(EGMR) hat Aserbaidschan aufgefordert, den strategisch wichtigen
Latschin-Korridor für kranke und notleidende Armenier freizugeben.
Wie das Straßburger Gericht am Mittwoch mitteilte, beschloss es dazu
eine sogenannte einstweilige Maßnahme. Einstweilige Maßnahmen sind
laut Gericht verbindlich und werden nur selten und bei unmittelbarer
Gefahr auf irreparablen Schaden ausgesprochen. Die aserbaidschanische
Regierung müsse alle in ihrer Zuständigkeit liegenden Maßnahmen
ergreifen, um eine sichere Durchreise von Obdachlosen oder
schwerkranken Menschen zu gewährleisten, die in Armenien behandelt
werden müssen, hieß es.

Armenien hatte vor einigen Tagen vor einem Zusammenbruch der
medizinischen Versorgung in dem von aserbaidschanischen Kräften
abgeriegelten Konfliktgebiet Berg-Karabach gewarnt. Das Gebiet gehört
völkerrechtlich zu Aserbaidschan, wird aber von etwa 120 000
Armeniern bewohnt. Deren einzige Verbindung nach Armenien ist der
blockierte Straßenkorridor von Latschin.

Dort waren am vergangenen Montag angebliche Öko-Aktivisten aus
Aserbaidschan aufgetaucht, um gegen vermeintliche Umweltverstöße im
Bergbau zu protestieren. Nach Darstellung der armenischen Seite
handelt es sich um aserbaidschanische Geheimdienstler. Seitdem sucht
die Führung in Eriwan internationale Unterstützung, um Druck auf Baku
für ein Ende der Blockade aufzubauen. Eigentlich sollen russische
Friedenstruppen darüber wachen, dass alle Vereinbarungen zwischen den
verfeindeten Staaten Aserbaidschan und Armenien eingehalten werden.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit Sitz im
französischen Straßburg gehört zum Europarat. Die von der EU
unabhängigen Organe setzen sich für den Schutz der Menschenrechte in
den 46 Mitgliedstaaten ein.