Firma: Europas größtes Vorkommen seltener Erden in Schweden entdeckt Von Steffen Trumpf und Ansgar Haase, dpa

12.01.2023 16:44

Seltene Erden sind ein wichtiger Bestandteil etwa von E-Autos und
Windrädern. Das macht sie zu einem Baustein auf dem Weg in eine
klimafreundlichere Zukunft. Bislang ist China absoluter
Weltmarktführer - ein Fund in Schweden könnte daran etwas ändern.

Kiruna (dpa) - Ein schwedisches Bergbauunternehmen hat nach eigenen
Angaben das größte bekannte Vorkommen seltener Erden in Europa
entdeckt. Die Lagerstätte in der Nähe einer großen Eisenerzgrube in
Kiruna umfasst mehr als eine Million Tonnen an Seltenerdoxiden, wie
der Staatskonzern LKAB am Donnerstag vor einem Besuch der
EU-Kommission in der Region bekanntgab. Diese Menge würde ausreichen,
um einen Großteil der künftigen EU-Nachfrage für die Herstellung von

Permanentmagneten zu decken, die für Elektromotoren unter anderem in
E-Fahrzeugen und Windkraftanlagen benötigt werden.

«Das sind gute Nachrichten, nicht nur für LKAB, die Region und die
schwedische Bevölkerung, sondern auch für Europa und das Klima»,
erklärte Vorstandschef Jan Moström. Die Lagerstätte könnte zu einem

bedeutenden Baustein für die Herstellung wichtiger Rohstoffe werden,
die für die grüne Umstellung entscheidend seien. Auf einer
Pressekonferenz unter Tage verwies er auch darauf, dass das volle
Ausmaß des Vorkommens unklar ist. «Wir wissen nicht, wie groß es
wirklich ist.»

LKAB betreibt in Kiruna die größte unterirdische Eisenerzgrube der
Welt. Wegen des Erzabbaus müssen Teile der nördlichsten Stadt des
Landes einige Kilometer weit umziehen - rund 6000 Einwohner werden
umgesiedelt, was einem Drittel von der Bevölkerung entspricht. In
unmittelbarer Umgebung der Grube wurde bereits vor einiger Zeit die
Lagerstätte Per Geijer entdeckt, die nun erfolgreich erkundet wurde.

Seltene Erden stecken auch in Gebrauchsgegenständen wie Smartphones,
Laptops und Fernsehern. Den Weltmarkt dominiert China, während in
Europa derzeit kein Abbau von Seltenerdelementen stattfindet.
Europäische Länder sind bei der Produktion von E-Autos und Windrädern

daher auf Importe angewiesen. Diese Produkte brauchen starke
Permanentmagnete, die im Falle von E-Autos je nach Motorengröße ein
halbes bis mehrere Kilogramm der seltenen Erden Neodym und Praseodym
enthalten.

Ein Vertreter des deutschen Autozulieferers Schaeffler betonte in
Kiruna die Bedeutung der Rohstoffförderung in Europa. Schaeffler
plane, viele Millionen Elektromotoren zu produzieren, sagte der für
das Autogeschäft zuständige Einkaufsleiter Florian Schupp. Dafür
brauche es seltene Erden. Heute kaufe Schaeffler außerhalb Europas
ein - Ziel sei es aber, den Bedarf zunehmend in Europa zu decken.

Stärker gefördert werden sollen Minenprojekte wie die in Schweden
auch aus Brüssel. So will die EU-Kommission im Frühjahr Maßnahmen
vorschlagen, mit denen die strategische Autonomie Europas in Bezug
auf wichtige Rohstoffe gestärkt werden soll. Ein Argument ist auch,
dass es ohne diese Autonomie keinen ökologischen und digitalen Wandel
geben könne.

Einem Kommissionsbericht aus dem Jahr 2020 zufolge bezog die EU zu
dieser Zeit 98 Prozent ihres Bedarfs an seltenen Erden aus China. Das
bedeutet gleichzeitig, dass Europa ein riesiges Problem bekommen
würde, sollte China die Belieferung aus politischen oder
strategischen Gründen drosseln oder sogar einstellen. Zudem dürfte
der Bedarf im Zuge der Elektrifizierung weiter stark steigen. «Die
Nachfrage nach seltenen Erden, die in Permanentmagneten, etwa für
Elektrofahrzeuge, digitale Technologien oder Windgeneratoren zum
Einsatz kommen, könnte sich bis 2050 verzehnfachen», heißt es in dem

Kommissionspapier.

Der Weg zum möglichen Abbau der Metalle in Kiruna ist nach
LKAB-Angaben allerdings lang. Erster Schritt sei die Beantragung
einer Zulassung wohl noch in diesem Jahr. Mit Blick auf andere
Genehmigungsverfahren in der Industrie dürfte es mindestens 10 bis 15
Jahre dauern, bevor man tatsächlich mit dem Abbau beginnen und
Rohstoffe auf den Markt bringen könne.

Die Genehmigungsverfahren müssten geändert werden, um einen
verstärkten Abbau dieser Art von Rohmaterial in Europa zu
gewährleisten, forderte LKAB-Chef Moström. Der Zugang sei ein
Risikofaktor für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie

als auch für den Klimaschutz.