) Von der Leyen will EU mit neuem Industrieplan fit für Wandel machen

17.01.2023 16:01

Die USA und China setzen die EU mit milliardenschweren staatlichen
Investitionen in klimafreundliche Technologien unter Druck.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will nun zum Gegenschlag
ausholen - auch mit zusätzlichem Geld für europäische Fördertöpfe
.

Davos (dpa) - EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will
Europas Wirtschaft mit einem neuen Industrieplan zum Weltmarktführer
für saubere Technologien und Innovationen machen. «In den nächsten
Jahrzehnten werden wir den größten industriellen Wandel unserer Zeit
erleben - vielleicht sogar aller Zeiten», sagte von der Leyen am
Dienstag beim Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Davos. «Und
diejenigen, die die Technologien entwickeln und herstellen, die das
Fundament der Wirtschaft von morgen bilden, werden den größten
Wettbewerbsvorteil haben.»

Als einen Grund für den neuen Plan nannte von der Leyen die aus
Wettbewerbsgründen umstrittenen Subventionspläne für klimafreundliche

Technologien in den USA und in China. «Damit die europäische
Industrie attraktiv bleibt, ist es notwendig, mit den Angeboten und
Anreizen außerhalb der EU mitzuhalten», erklärte sie.

Ihrer Einschätzung nach ist es dafür notwendig, die Regeln für
staatliche Förderung zu lockern. Zudem müssten aber auch zusätzliche

EU-Mittel bereitgestellt werden. Man wisse, dass staatliche Beihilfen
nur eine begrenzte Lösung sein könnten, auf die nur wenige
Mitgliedstaaten zurückgreifen könnten, erklärte von der Leyen.

Deswegen wird ihren Angaben zufolge derzeit nach einer Lösung
gesucht, wie Unternehmen in EU-Staaten ohne große Fördermöglichkeiten

kurzfristig unterstützt werden könnten. Mittelfristig soll dann im
Zuge der für Sommer geplanten Revision des mehrjährigen
EU-Finanzrahmens ein «Europäischer Souveränitätsfonds» entstehen.


Zur Frage, ob für den Fonds wie bei den EU-Coronahilfen
gemeinschaftlich Schulden aufgenommen werden könnten, sagte von der
Leyen in Davos: «Das ist eine Frage der Verhandlungen.» Derzeit werde
an einer Bedarfsanalyse gearbeitet.

Das US-Programm sieht zum Beispiel Investitionen in Höhe von 369
Milliarden US-Dollar (341 Mrd Euro) vor. Es wird vor allem deswegen
kritisiert, weil Subventionen und Steuergutschriften daran geknüpft
sind, dass Unternehmen US-Produkte verwenden oder in den USA
produzieren.

«Wir sollten darauf hinarbeiten, dass unsere jeweiligen
Anreizprogramme fair sind und sich gegenseitig stärken», betonte von
der Leyen mit Blick auf den Streit und die laufenden Verhandlungen
darüber. «Unser Ziel sollte es sein, den transatlantischen Handel und
transatlantische Investitionen bestmöglich aufrechtzuerhalten.»

Wie von der Leyen wenig später vor Journalisten bestätigte, wird
derzeit mit den Amerikanern an einer Erklärung zum Thema gearbeitet.
Es gebe «sehr konstruktive Gespräche», wie immer liege der Teufel
aber im Detail, sagte sie. Es gehe darum, den Kampf gegen den
Klimawandel gemeinsam noch vorne zu bringen. Dabei seien Offenheit,
Transparenz und Fairness wichtig.

Neben neuen Investitionen sieht von der Leyens Industrieplan unter
anderem einen Bürokratieabbau für Anbieter von Produkten wie
Windenergie, Wärmepumpen, Solarenergie und sauberem Wasserstoff vor.
Dafür soll auch ein «Netto-Null-Industrie-Gesetz» vorgeschlagen
werden, mit dem auf dem Weg zur Klimaneutralität klare Ziele für
saubere Technologien in Europa bis 2030 gesetzt werden.

Weitere Punkte sind die Verringerung der Abhängigkeit von
Rohstofflieferungen aus Ländern wie China, ein Programm zur
Fachkräfteentwicklung sowie ein entschlossenes Vorgehen gegen
Staaten, die sich nicht an die Spielregeln der
Welthandelsorganisation (WTO) halten.

China beispielsweise ermutige energieintensive Unternehmen mit dem
Versprechen billiger Energie, niedriger Arbeitskosten und eines
laxeren Regelungsumfelds, ihre Produktion ganz oder teilweise dorthin
zu verlagern, erklärte von der Leyen. Zugleich subventioniere das
Land seine Industrie stark und beschränke den Zugang zum chinesischen
Markt für EU-Unternehmen.

Erste Details zu den Plänen sollen bis Ende des Monats vorliegen.
Einen entsprechenden Auftrag hatten die Staats- und Regierungschefs
der EU-Staaten bei ihrem Treffen im Dezember erteilt. Sie wollen dann
am 9. und 10. Februar bei einem Sondertreffen darüber beraten.