Pkw-Neuzulassungen in EU so schwach wie seit fast 30 Jahren nicht

18.01.2023 11:46

Im Dezember legen große Automärkte in Europa zwar einen Schlussspurt
hin, doch die Bilanz für 2022 fällt noch schlechter aus als die
Zahlen des schon schwachen Vorjahres. Auch anderswo geht es abwärts,
und die Aussichten sind nach Meinung von Experten nicht gerade rosig.

Brüssel (dpa) - Die Pkw-Neuzulassungen in der Europäischen Union
lagen im vergangenen Jahr so niedrig wie seit fast 30 Jahren nicht
mehr. Im Dezember gab es zwar dank eines starken Schlussspurts in den
großen Märkten Deutschland und Italien ein EU-weites Plus von 12,8
Prozent auf 896 967 neu zugelassene Autos, wie der europäische
Branchenverband Acea am Mittwoch in Brüssel mitteilte. Im Gesamtjahr
wurden aber mit 9,26 Millionen Pkw 4,6 Prozent weniger zugelassen als
im ohnehin schwachen Vorjahr - und damit so wenige Autos wie seit
1993 nicht mehr.

Nach Meinung von Experten sind auch die Aussichten nicht gerade
rosig. Zwar hätten sich die Lieferengpässe bei Halbleitern und
Vorprodukten etwas entspannt, sagte Branchenexperte Peter Fuß von der
Unternehmensberatung EY. Die Lieferfähigkeit der Industrie werde sich
im Jahresverlauf weiter verbessern, so dass mit der steigenden
Verfügbarkeit von Neuwagen auch deren Lieferzeiten sinken dürften.
«Unklar ist aber, wie groß die Nachfrage von Unternehmen und
Privatleuten dann noch ist», schränkte Fuß ein. «Denn die Konjunktu
r
schwächelt, und selbst wenn die befürchtete Rezession ausbleibt,
bleiben Unternehmen und Privatleute bei Neuwagenbestellungen
zurückhaltend.»

Dem Fachmann zufolge spricht viel dafür, dass die Nachfrage nach
Neuwagen weiter deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau liegen wird.
Nach Angaben von EY lagen die Neuzulassungen im vergangenen Jahr 29
Prozent niedriger als im Vorkrisenjahr 2019.

In Deutschland hatten die zum Jahresende auslaufende Förderung von
Plug-in-Hybriden sowie die sinkenden Prämien auf den Kauf von
Batterieautos im Dezember für Vorzieheffekte gesorgt. Von den größten

EU-Automärkten zogen die Autozulassungen auch im Gesamtjahr nur in
Deutschland leicht an (+1,1 Prozent). In Italien (minus 9,7 Prozent),
Frankreich (minus 7,8 Prozent) und Spanien (minus 5,4 Prozent) ging
es hingegen abwärts. Autobauer in Europa klagten vor allem über eine
mangelhafte Teileversorgung unter anderem bei Elektronikchips.

Marktführer in der EU war mit gut einer Million Autos weiter die
Volkswagen-Kernmarke VW Pkw. Die VW-Gruppe insgesamt lag mit rund 2,3
Millionen Wagen auch bei der Konzernsicht an der Spitze vor der
Peugeot-, Fiat- und Opel-Mutter Stellantis (1,8 Mio Pkw). Der
Renault-Konzern lag mit knapp 985 000 Autos auf Rang drei. BMW kam
mit allen Marken auf 624 940 Neuanmeldungen, Mercedes-Benz auf 549
023.

Die EU war weltweit nicht der einzige große Automarkt mit Rückgängen.

In Europa, also inklusive Großbritannien und weiteren Ländern wie
Norwegen und der Schweiz, wurden mit 11,3 Millionen Pkw rund 4
Prozent weniger Autos neu angemeldet. In den USA kam es nach Zahlen
des Verbands der Deutschen Automobilindustrie (VDA) zu einem Rückgang
der Verkäufe von Pkw und größeren Autos wie Pickups um 8 Prozent auf

13,7 Millionen Fahrzeuge. In Japan ging der Absatz um 6 Prozent auf
3,4 Millionen verkaufte Pkw zurück.

Im größten Automarkt China gab es hingegen laut VDA im vergangenen
Jahr ein Plus von 10 Prozent auf 23,2 Millionen Neufahrzeuge. China
ist für die deutschen Autokonzerne Volkswagen (mit den Töchtern Audi
und Porsche), Mercedes-Benz und BMW der größte und wichtigste Markt.