Nach Korruptionsskandal: Sozialdemokrat Angel neuer EU-Parlamentsvize

18.01.2023 16:19

Nach dem erschütternden Korruptionsskandal im Europaparlament ist der
Posten der ehemaligen Vizepräsidentin Eva Kaili neu besetzt worden.
Doch an der Personalie gibt es auch deutliche Kritik.

Straßburg (dpa) - Der Luxemburger Sozialdemokrat Marc Angel ist nach
dem EU-Korruptionsskandal zum neuen Vizepräsidenten des
Europaparlaments gewählt worden. Er setzte sich am Mittwoch im
zweiten Wahlgang mit 307 Stimmen durch. Er folgt auf die in
den Skandal verwickelte Griechin Eva Kaili, die wegen des Verdachts
der Bestechlichkeit ihren Posten als Vizepräsidentin verloren hatte.
Die Abgeordneten stimmten Mitte Dezember mit nur einer Gegenstimme
für die Absetzung der 44-Jährigen.

Mit der Neuwahl hat die von der Affäre besonders betroffene
S&D-Fraktion ihren Posten verteidigen können und stellt weiterhin 5
der 14 Vizepräsidentinnen und -präsidenten des Parlaments. Zur Wahl

stellten sich auch die französische Grünen-Politikerin Gwendoline
Delbos-Corfield und Annalisa Tardino aus Italien von der
rechtsnationalen ID-Fraktion. Tardino konnte 185 Stimmen auf sich
vereinen, Delbos-Corfield bekam knapp 100 Stimmen.

«Der 59-jährige Luxemburger steht für Transparenz und aktive
Korruptionsbekämpfung», sagte der Vorsitzende der
SPD-Europaabgeordneten, Jens Geier. Der AfD-Abgeordnete Gunnar Beck
wiederum bezeichnete es als schamlos, dass die sozialdemokratische
S&D-Fraktion überhaupt einen Kandidaten ins Rennen geschickt habe,
obwohl sie im Mittelpunkt des Skandals stehe.

Kaili sitzt in Belgien in Untersuchungshaft. Die Justiz legt ihr und
weiteren Verdächtigen die Beteiligung an einer kriminellen
Vereinigung, Geldwäsche und Korruption zur Last. Dabei geht es um
mutmaßliche Einflussnahme auf politische Entscheidungen des
Parlaments durch Katar und Marokko.

Der Skandal hat ein Schlaglicht auf die teils laxen Regeln des
Parlaments geworfen. So ist es Abgeordneten bislang beispielsweise
erlaubt, sich zu Auslandsreisen einladen zu lassen - egal, wer der
Sponsor ist. Voraussetzung ist nur, dass die erstatteten Kosten
transparent gemacht werden. Eine Übersicht, die der dpa vorliegt,
zeigt etwa, dass einige Abgeordnete sich in dieser Legislaturperiode
auch von Staaten wie Syrien, Katar oder Russland einladen ließen.

So reiste der AfD-Abgeordnete Beck 2021 für eine Wahlbeobachtung nach
Russland - Flug- und Hotelkosten wurden vom russischen Parlament
übernommen. «ZDFheute», das zuvor über die Reiseliste berichtet
hatte, sagte Beck: «Ich nahm die Einladung der Duma an, weil ich
meine, Wahlbeobachtungen sind wichtig, gerade in Russland.»

Parlamentspräsidentin Roberta Metsola hat mittlerweile mehrere
Reformen vorgeschlagen, die das Parlament transparenter und weniger
anfällig für Korruption machen sollen. Eine Änderung der Reiseregeln

ist nicht darunter. Es sollen jedoch noch weitere Vorschläge folgen.