Britischer Nordirland-Minister: Keine unmittelbare Neuwahl geplant

19.01.2023 14:56

Belfast/London (dpa) - Trotz der anhaltenden politischen Lähmung in
britischen Provinz Nordirland soll nach Verstreichen einer Frist zur
Regierungsbildung zunächst keine Neuwahl ausgerufen werden. Das
schrieb der britische Nordirland-Minister Chris Heaton-Harris in
einem am Donnerstag veröffentlichten Beitrag in der «Irish Times».

«Falls heute keine Regierung gebildet wird, bin ich gesetzlich
verpflichtet, in den nächsten zwölf Wochen Wahlen zur Assembly (dem
nordirischen Regionalparlament) abhalten zu lassen», schrieb
Heaton-Harris. Er werde aber die kommenden Wochen dafür nutzen, alle
Optionen zu prüfen und mit allen Seiten zu sprechen, bevor er eine
Entscheidung treffe.

Die Protestantenpartei DUP blockiert seit der vergangenen Wahl im Mai
2022 eine Regierungsbildung. Auch das Regionalparlament kann nicht
zusammentreten. Hintergrund ist der Streit um die Brexit-Regeln für
Nordirland zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU.

Im Gegensatz zu England, Schottland und Wales unterliegt Nordirland
trotz Brexits den Regeln von EU-Binnenmarkt und Zollunion. Die als
Nordirlandprotokoll bezeichnete Vereinbarung soll Grenzkontrollen zum
EU-Mitglied Irland und damit ein Wiederaufflammen alter Konflikte
verhindern. Allerdings entstanden dadurch Handelshemmnisse zwischen
Nordirland und dem Rest des Vereinigten Königreichs. Viele der meist
protestantischen Unionsanhänger lehnen das Nordirlandprotokoll daher
ab.

Die designierte nordirische Regierungschefin Michelle O'Neill von der
katholisch-republikanischen Partei Sinn Fein, die bei der vergangenen
Wahl erstmals stärkste Kraft wurde, rief die DUP auf, die Blockade
aufzugeben. «Die Menschen haben für den Wandel gestimmt (...) Aber
ihnen wird dieser Wandel verweigert», sagte O'Neill am Donnerstag zu
Journalisten in London und fügte hinzu, es habe zuletzt einige
Fortschritte in den Verhandlungen gegeben. «Wir sind noch nicht am
Ziel, aber wir wollen dort sehr schnell hinkommen.»