Selenskyj fordert Ende von Behinderungen für Nahrungsexporte

21.01.2023 17:20

Berlin (dpa) - Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat ein
Ende anhaltender Behinderungen von Nahrungsexporten aus seinem Land
über den Seeweg gefordert. Mehr als 100 Schiffe mit Lebensmitteln
reihten sich gerade in der Nähe des Bosporus aneinander, sagte er in
einer Videobotschaft bei einer internationalen Agrarministerkonferenz
am Samstag in Berlin. Sie säßen wochenlang fest, weil russische
Vertreter vorgesehene Inspektionen blockierten.

Dies bedeute höhere Preise für Europa, machte Selenskyj in seiner
Botschaft für die Konferenz unter Vorsitz von Bundesagrarminister Cem
Özdemir (Grüne) deutlich. Für Asien bedeute es eine wachsende Gefahr

sozialer Instabilität und für Länder in Afrika wie Äthiopien oder
Sudan leere Esstische für Tausende Familien. Der Präsident
unterstrich, dass die Ukraine trotz des russischen Angriffskriegs
weiter Lebensmittel für die Welt bereit stellen wolle. Trotz
fortgesetzter russischer Raketenangriffe auf die Infrastruktur und
brutaler Kämpfe in Regionen, die extrem wichtig für die
Landwirtschaft seien, bestellten die Bauern weiter die Felder.

Russland dementierte, ukrainische Getreideschiffe zu blockieren.
«Derzeit stehen 64 Schiffe auf Reede in den ukrainischen Häfen und
den Inspektionszonen. Die Reihenfolge ihrer Überprüfung wird von der
ukrainischen Seite festgelegt, russische Vertreter haben darauf gar
keinen Einfluss», teilte das Außenministerium am Samstag mit. Dass
bei Istanbul Dutzende Schiffe auf eine Zulassung für eine Einfahrt in
ukrainische Häfen warten, nennt Moskau einen «künstlichen Stau».
«Es
ist offensichtlich, dass sich Kiew allein von selbstsüchtigen Zielen
leiten lässt, «mehr und schneller» zu verkaufen und dabei die
festgelegte Reihenfolge der Arbeiten vernachlässigt», klagte Moskau.

Unmittelbar nach Kriegsbeginn im vergangenen Februar hatte die
russische Marine die ukrainischen Schwarzmeerhäfen blockiert. Unter
Vermittlung der Türkei und der Vereinten Nationen wurde im Sommer ein
Ende der Blockade vereinbart, um die globale Lebensmittelkrise zu
entschärfen. Russische Kriegsschiffe haben dabei aber das Recht, die
Fracht der Schiffe zu kontrollieren.

EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski nannte es wichtig, dass die
eingerichteten Korridore auf dem Landweg für Transporte aus der
Ukraine heraus funktionierten. Sie seien sicher, sagte er nach der
Agrarministerkonferenz in Berlin. Der Kommissar verurteilte
grundsätzlich Russlands Agieren, landwirtschaftliches Potenzial zu
zerstören und Hunger oder Mangelernährung auszulösen. Laut Özdemir

sollte es am Rande der Berliner Konferenz Gespräche über weitere
Hilfen für die Ukraine auch mit Blick auf die kommende Ernte geben.