Nach von der Leyen: Ratspräsident Michel legt auch Industrieplan vor
22.01.2023 18:00
Brüssel (dpa) - Nach EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
hat nun auch EU-Ratspräsident Charles Michel einen Vier-Punkte-Plan
als Antwort auf ein Subventionsprogramm in den USA skizziert. Ähnlich
wie von der Leyen setzt Michel dabei auf eine Lockerung der
Beihilferegeln, wie das «Handelsblatt» am Sonntag berichtete. So
sollen Unternehmen einfacher staatliche Hilfen etwa für Investitionen
in die Energiewende bekommen können. In wichtigen Teilen
unterscheiden sich Michels Vorschläge jedoch von denen von der
Leyens.
Michel schlägt als weiteren Punkt etwa vor, das
Pandemie-Kurzarbeiterprogramm Sure neu aufzulegen, um die
unterschiedliche Finanzkraft der EU-Staaten auszugleichen. Unter Sure
nahm die EU-Kommission mit Hilfe von Garantien der EU-Staaten Kredite
am Finanzmarkt auf und reicht sie an Staaten weiter, damit diese
Kurzarbeiterprogramme finanzieren konnten. Günstig war das für
Länder, die selbst mehr Zinsen am Finanzmarkt hätten zahlen müssen.
Die Bundesregierung sah eine Wiederauflage von Sure für andere Zwecke
bislang skeptisch.
Von der Leyen setzt stattdessen auf einen neuen Souveränitätsfonds,
um etwa Industrieprojekte zu fördern. Wie der finanziert werden soll,
ist noch unklar - eine Möglichkeit wäre über neue gemeinsame
Schulden. Das lehnt Michel hingegen ab. Er hält dem Bericht zufolge
den Fonds zwar auch für nötig, will ihn aber mit Beteiligung der
Europäischen Investmentbank (EIB) finanzieren. Das sei eine
«realistische Alternative», sagte Michel. Mehrere Staaten wie
Deutschland lehnen neue Gemeinschaftsschulden ab.
Michel schlägt auch vor, die Gelder aus dem bestehenden
Corona-Aufbaufonds schneller fließen und einfacher umwidmen zu
lassen. Die Vorschläge Michels und von der Leyens dürften beim
nächsten EU-Sondergipfel Anfang Februar von den Staaten diskutiert
werden.
Hintergrund der Diskussion ist das Anti-Inflations-Gesetz der USA,
welches Investitionen in Höhe von 369 Milliarden US-Dollar (341 Mrd
Euro) vorsieht. Es wird vor allem deswegen kritisiert, weil
Subventionen und Steuergutschriften daran geknüpft sind, dass
Unternehmen US-Produkte verwenden oder in den USA produzieren. Die EU
sucht derzeit eine eigene Antwort darauf.