Deutsch-französische Erklärung zu Wirtschaft, Energie und Ukraine

22.01.2023 18:07

Paris (dpa) - Deutschland und Frankreich wollen ihre Zusammenarbeit
hinsichtlich des Kriegs in der Ukraine, bei der Energieversorgung
sowie in Wirtschaftsfragen vorantreiben. Am Rande eines
Ministertreffens in Paris haben beide Länder am Sonntag eine
gemeinsame Erklärung vorgelegt.

Wasserstoff-Pipeline nach Deutschland

Deutschland und Frankreich haben vereinbart, die zwischen Spanien und
dem südfranzösischen Marseille geplante Wasserstoff-Pipeline nach
Deutschland zu verlängern. Das Pipeline-Thema hatte vergangenes Jahr
für Streit gesorgt. Spanien und Deutschland hatten darauf gedrängt,
dass eine seit längerem konzipierte Gaspipeline von Spanien nach
Frankreich gebaut wird, um Gas weiter nach Deutschland zu bringen.
Frankreich lehnte dies ab und vereinbarte mit Spanien stattdessen den
Bau der Wasserstoff-Pipeline.

In ihrer Erklärung sprechen Deutschland und Frankreich sich nun für
die Schaffung eines europäischen Wasserstoff-Rückgrats mit der
Ausweitung und Anbindung von Pipelines über Grenzen hinweg aus. Auch
das Stromnetz innerhalb der EU soll ausgeweitet und verstärkt werden.

Klimafreundliche Energien

Beide Länder wollen zudem den klimafreundlichen Umbau ihrer
Wirtschaft vorantreiben und den Ausbau erneuerbarer Energien -
allerdings «unter Achtung des Prinzips der Technologieneutralität».
Im Gegensatz zu Deutschland setzt Frankreich bei der Abkehr von
fossilen Brennstoffen nämlich stark auf Atomstrom. Diese
unterschiedliche Ausrichtung erkennen beide Seiten an. Bei künftigen
EU-Klimazielen soll «sowohl erneuerbarer als auch kohlenstoffarmer
Wasserstoff» berücksichtigt werden. Auf Wasserstoff beruhen große
Hoffnungen als Energieträger der Zukunft. Zu seiner Gewinnung ist
aber Strom nötig, der nach dieser Formulierung entweder aus
erneuerbaren Quellen oder Atomkraft kommen soll. Beide Staaten wollen
auch bei der Windenergie in der Nordsee zusammenarbeiten.

Industrie und Wirtschaft

Beide Länder wollen die Widerstandsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit

der Produktion in der EU mit einer ehrgeizigen Strategie sowie durch
vereinfachte und beschleunigte Verfahren für staatliche Hilfen und
ausreichende Finanzierung stärken. Dass es dabei auch um eine
Reaktion auf das US-Inflationsbekämpfungsgesetz mit
milliardenschweren Investitionen in den Klimaschutz und einer
befürchteten Benachteiligung europäischer Firmen geht, wird in der
Erklärung allerdings nicht gesagt. Vor dem Spitzentreffen hatte
Frankreich bereits einen «Made in Europe»-Aktionsplan mit einer
Lockerung der europäischen Finanzierungs- und Beihilferegeln
gefordert.

Ukraine

Beide Länder verurteilen Russlands Angriffskrieg und versprechen der
Ukraine «weiterhin unerschütterliche Unterstützung in allen uns
möglichen Bereichen, insbesondere im politischen, militärischen,
wirtschaftlichen, finanziellen, humanitären, sozialen, kulturellen
Bereich». Die Ukraine, Moldau und Georgien wollen sie auf ihrem Weg
in die EU unterstützen. Zudem wollen Deutschland und Frankreich ihre
Sicherheits- und Verteidigungsstrategien «enger zusammenbringen» und
die Zusammenarbeit der Streitkräfte in Europa verbessern.

Verkehrsverbindungen

Beide Länder haben vereinbart, den Ausbau grenzüberschreitender
Verbindungen voranzubringen. Unterstützt werde der Ausbau der
Hochgeschwindigkeits-Bahnverbindung zwischen Paris und Berlin - die
Bahnen beider Länder wollen zunächst einmal täglich einen schnellen
Zug pendeln lassen - sowie der bereits für 2024 angekündigte Nachtzug
zwischen den Hauptstädten. Auch beim Ausbau grenzüberschreitender
Verbindungen soll es weitergehen. Vor einigen Tagen erst wurde in der
Grenzregion die Forderung bekräftigt, die Bahnstrecke zwischen
Freiburg im Breisgau und Colmar wieder herzurichten und den Verkehr
zwischen Freiburg und Mulhouse zu verbessern.

Termine

Beide Seiten wollen mehr tun zur Verringerung globaler Ungleichheiten
und am 23. Juni in Paris zu einem Gipfel zu einem «Neuen Finanzpakt»
mit dem globalen Süden zusammenkommen. Deutschland und Frankreich
wollen sich künftig «häufiger in kleineren Formaten» zu speziellen

Themen austauschen. Einmal jährlich soll es eine gemeinsame
Kabinettsklausur geben, die nächste im kommenden Herbst in
Deutschland.