Litauens Außenminister wirft Scholz indirekt Angst vor Russland vor

23.01.2023 14:20

Warum liefert Deutschland keine Leopard-2-Panzer an die Ukraine? Bei
einem EU-Außenministertreffen in Brüssel gibt es für die bisherige
Zurückhaltung der Bundesregierung nur wenig Verständnis. Besonders
ein Teilnehmer findet deutliche Worte.

Brüssel (dpa) - Mehrere EU-Staaten haben bei einem
Außenministertreffen in Brüssel ihren Unmut über die deutsche
Zurückhaltung bei Panzerlieferungen an die Ukraine zum Ausdruck
gebracht. Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis warf
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zudem indirekt vor, Furcht davor zu
haben, Russland an den Rand einer Niederlage in der Ukraine zu
bringen.

«Ich glaube, das Wichtigste, was wir diskutieren müssen, ist die
Angst», sagte Landsbergis in Brüssel. «Wir müssen die Angst davor
überwinden, Russland zu bezwingen - wenn es um zusätzliche Sanktionen
geht, wenn es um zusätzliche militärische Hilfe für die Ukraine geht.

Was uns aufhält, ist die Angst davor, was passiert, wenn Russland
diesen Krieg verliert.»

Zur Frage, ob er keinen Atomkrieg fürchte, sagte Landsbergis: «Wenn
wir uns nicht darauf vorbereiten, dass Russland den Krieg verliert,
dann meinen wir es nicht ernst damit, der Ukraine beim Sieg zu
helfen». Russland müsse diesen Krieg verlieren.

Wenn man dies akzeptiere, könnten alle anderen Fragen viel leichter
beantwortet werden, erklärte Landsbergis. «Dann können wir alle
Waffen liefern, die die Ukraine braucht, und wir können Russland so
sanktionieren, dass seine Fähigkeit zur Kriegsführung behindert wird,
und dann können wir der Ukraine helfen, dass sie tatsächlich alle
Gebiete zurückerobert.»

Zu Frage der Panzerlieferungen sagte Landsbergis: «Ich wünschte, ich
müsste nicht noch einen Tag länger warten, bis Panzer geliefert
werden.» Leider müsse man aber weiter warten. Er hoffe, dass die
aktuelle Debatte fruchtbar sein werde.

Lettlands Außenminister Edgars Rinkevics sagte zur deutschen Rolle:
«Groß zu sein, bringt auch eine große Verantwortung mit sich. Aber an

dieser Stelle glaube ich, dass es keine guten Argumente gibt, warum
Kampfpanzer und Flugabwehrsysteme nicht bereitgestellt werden
können.» Der finnische Außenminister Pekka Haavisto kritisierte, man

rede nun schon längere Zeit über dieses Thema. «Es ist wichtig, dass

die Ukraine das Material, was sie braucht, jetzt sofort bekommt»,
sagte er. Finnland sei bereit, sich an einem Paket mit
Leopard-2-Panzerlieferungen zu beteiligen.

Estlands Außenminister Urmas Reinsalu sagte: «Wir werden sehr schnell
handeln müssen.» Dass Deutschland der größte EU-Partner sei, schaff
e
auch eine besondere Verantwortung.

Verständnisvoller äußerte sich Luxemburgs Außenminister Jean
Asselborn. «Wir wissen, (...) dass jede schwerwiegende Entscheidung
immer Zeit gekostet hat», sagte Asselborn. Er sei zuversichtlich,
dass man am Ende dort landen werde, wo man landen müsse. Wichtig sei,
dass sich die Ukraine wehren könne, wenn die Russen eine
Frühjahrsattacke starteten.

Nach Angaben Asselborns braucht es eine Flotte von 300
Leopard-Panzern. Es gehe nicht, dass man sie aus unterschiedlichen
Modellen aus den USA, Großbritannien und Frankreich zusammensetze,
erklärte er.