EU-Staaten verhängen neue Iran-Sanktionen

23.01.2023 16:17

Die EU verschärft erneut ihre Sanktionen gegen den Iran ohne die
Revolutionsgarden als Terrororganisation einzustufen. Haben die
Warnungen aus Teheran gewirkt? Nach Äußerungen der deutschen
Außenministerin sollte man sich im Iran nicht zu früh freuen.

Brüssel (dpa) - Wegen der anhaltenden schweren
Menschenrechtsverletzungen im Iran haben die EU-Staaten weitere
Sanktionen verhängt. Die am Montag von den Außenministern
beschlossenen Strafmaßnahmen treffen insgesamt 37 Personen und
Organisationen, die für die brutale Unterdrückung von Protesten nach
dem Tod der 22-Jährigen Jina Mahsa Amini verantwortlich gemacht
werden. Darunter sind laut dem EU-Amtsblatt unter anderem Sport- und
Jugendminister Hamid Sadschadi, Parlamentarier sowie zahlreiche
regionale Ableger des Korps der Iranischen Revolutionsgarden und die
Dachorganisation der Sittenwächter.

Zwei Parlamentariern wird explizit vorgeworfen, die Hinrichtung von
Protestteilnehmern zu unterstützen. Zur Sanktionierung eines
Unternehmens, das die iranischen Sicherheitskräfte beliefert, heißt
es, dieses habe dazu beigetragen, «dass mindestens 516
Protestteilnehmer, darunter mindestens 70 Kinder, gefoltert wurden
oder ums Leben kamen». Die Strafmaßnahmen sehen vor, in der EU
vorhandene Vermögenswerte einzufrieren und Einreiseverbote zu
erlassen.

Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock sagte in Brüssel, mit
dem neuen Sanktionspaket mache man deutlich, dass man an der Seite
der mutigen Menschen im Iran stehe. «Wir verurteilen aufs Schärfste
die Terrorisierung der eigenen Bevölkerung», erklärte die
Grünen-Politikerin.

Baerbock machte auch deutlich, dass sie sich weiterhin für eine
Einstufung der iranischen Revolutionsgarden als Terrororganisation
einsetzt und entsprechende rechtliche Möglichkeiten ausloten lassen
will. EU-Vertreter hatten zuvor erklärt, dass für die Aufnahme einer
Organisation auf die EU-Terrorliste zum Beispiel eine nationale
Gerichtsentscheidung oder Verbotsverfügung einer Verwaltungsbehörde
notwendig sei. «Das bedeutet, dass die EU-Ebene allein nicht ohne
eine solche nationale Entscheidung handeln kann», hieß es.

Führende Politiker im Iran hatten eine mögliche Terrorlistung der
Revolutionsgarden zuvor scharf verurteilt und mit Konsequenzen
gedroht. Das Parlament in Teheran erwog etwa eine Seeblockade der
Straße von Hormus im Persischen Golf. Die etwa 55 Kilometer breite
Meerenge zwischen dem Iran und Oman gilt als eine der wichtigsten
Schifffahrtsrouten für den weltweiten Ölexport. Im Staatsfernsehen
traten Moderatoren als Zeichen der Solidarität mit der Einheit mit
Uniformen der Revolutionsgarden auf.

Auslöser der landesweiten Proteste im Iran war der Tod der iranischen
Kurdin Jina Mahsa Amini. Sie starb am 16. September im
Polizeigewahrsam, nachdem sie von der Sittenpolizei wegen Verstoßes
gegen die islamischen Kleidungsvorschriften festgenommen worden war.
Die Proteste gegen die repressive Regierung sowie das islamische
Herrschaftssystem haben die politische Führung in eine der schwersten
Krisen seit Jahrzehnten gestürzt.

In der vorherigen Sanktionsrunde hatte die EU im Dezember 20 Personen
sowie die staatliche Rundfunkgesellschaft IRIB ins Visier genommen.
Letzterer wirft die EU vor, aktiv an der Organisation und
Ausstrahlung von durch Einschüchterung und schwere Gewalt erzwungenen
«Geständnissen» von Regimekritikern beteiligt zu sein. Diese
«Geständnisse» werden demnach häufig im Anschluss an öffentliche

Proteste oder vor einer Hinrichtung ausgestrahlt, um ein Aufbegehren
der Öffentlichkeit gering zu halten. Unter den betroffenen Personen
waren damals unter anderem Befehlshaber der Iranischen
Revolutionsgarden.