Präsidentin im Weingebiet: Europaparlament verweigert Informationen

24.01.2023 15:26

Ist es in Ordnung, wenn die Präsidentin des EU-Parlaments nach einer
Rede bei einer Weinbruderschaft mit ihrem Mann kostenlos in einem
Fünf-Sterne-Hotel übernachtet? Roberta Metsola ist offensichtlich
davon überzeugt. Nachfragen zur Reise lässt sie allerdings abblocken.

Brüssel (dpa) - Das Europäische Parlament verweigert Informationen zu
einer umstrittenen Reise von Präsidentin Roberta Metsola und ihrem
Mann in die französische Weinregion Burgund. Auf Nachfragen der
Deutschen Presse-Agentur teilte der Parlamentssprecher jetzt
lediglich mit, der Besuch bei einer Weinbruderschaft mit Übernachtung
in einem Fünf-Sterne-Hotel in Beaune sei im Rahmen von Metsolas
Mandat als Präsidentin und im Einklang mit übergeordneten
Sicherheits- und Protokollverpflichtungen erfolgt. Metsola habe sich
an die Regeln gehalten, die auch für alle früheren Präsidenten
angewandt wurden.

Der Sprecher beantwortete damit nicht die Frage, welche Kosten dem
EU-Parlament durch die Reise der christdemokratischen Politikerin aus
Malta entstanden sind. Auch gab er keine Antwort darauf, ob Metsola
oder ihr Mann bei dem Besuch Wein geschenkt bekommen haben und kam
nicht der Bitte nach, Details zum Reiseprogramm zu nennen.

Der Besuch Metsolas in Beaune sorgt seit der vergangenen Woche für
Schlagzeilen, weil die 44 Jahre alte Politikerin dabei von ihrem Mann
begleitet wurde und mit ihm auf Kosten der Weinbruderschaft Confrérie
des Chevaliers du Tastevin in einem Fünf-Sterne-Hotel übernachtete.
Teil der Reise im vergangenen Oktober war nach Enthüllungen von
«Politico» zudem auch ein Abendessen mit fünf Gängen.

Am Wochenende hatte Parlamentssprecher Jaume Duch Guillot dazu
erklärt, Metsola sei nach Beaune eingeladen worden, um eine Rede über
den Schutz der Gastronomie zu halten, für die die Region berühmt sei.
Sie habe dabei im Namen des Europäischen Parlaments gehandelt.

Aus den Reihen der Abgeordneten kommt mittlerweile Kritik an der
Informationspolitik der Parlamentsspitze. «Natürlich ist Metsola als
Präsidentin des EU-Parlaments in der Pflicht, alle Fragen zu
beantworten», sagte der Sprecher der deutschen Grünen
im Europaparlament, Rasmus Andresen, der dpa. «Sie muss als
Präsidentin mit gutem Beispiel vorangehen.»

Der FDP-Abgeordnete Moritz Körner kommentierte: «Metsola hat die
Korruptionsbekämpfung im Parlament zur Chefinnensache erklärt. Sie
muss entsprechend liefern und kann bei der Stärkung der Transparenz
nicht sofort kneifen, wenn es um ihre persönlichen Reisen und
Vorteile geht.»

Metsola hatte zu der Reise ins Burgund erstmals am 11. Januar eine
Erklärung abgegeben, nachdem das Parlament zuvor von einem
Korruptionsskandal erschüttert worden war. Sie gab dabei allerdings
nicht an, dass sie bei dem Trip von ihrem Partner begleitet wurde.
Parlamentsregeln zufolge hätte sie die Reise eigentlich bereits Ende
November des vergangenen Jahres erklären müssen. Metsola argumentiert
nun, dass andere Parlamentspräsidenten Reisen ebenfalls nicht
öffentlich gemacht haben.

Aus ihrem Umfeld wird zudem darauf verwiesen, dass auch die frühere
deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel schon zu Gast bei der
Weinbruderschaft Confrèrie des Chevaliers du Tastevin war. Der Besuch
im November 2021 erfolgte allerdings gemeinsam mit Frankreichs
Präsident Emmanuel Macron und wurde vom französischen Elyséepalast
zur Verabscheidung Merkels als Kanzlerin organisiert. Zudem
übernachtete die CDU-Politiker nicht am Ort.

Ob Metsola nun Konsequenzen drohen, war zunächst unklar. Theoretisch
könnten Sanktionen verhängt werden. Einen Automatismus gibt es
allerdings nicht. Zuständig ist eigentlich die Parlamentspräsidentin.

Zudem hat Metsola 125 Geschenke entgegen der Regeln für Abgeordnete
zu spät öffentlich gemacht. Dies war vor wenigen Tagen bekannt
geworden. Die meisten Präsente gab die Politikerin der Auflistung
zufolge zur Verwahrung der Parlamentsverwaltung oder lagerte sie in
ihrem Büro. Bei letzteren handelte es sich zum Beispiel um Bilder,
Vasen und Bücher. Ein Sprecher betonte: «Die Präsidentin nimmt im
Namen der Institution Geschenke entgegen. Sie behält diese nicht.»
Zudem hatte er betont, die Transparenz steigern zu wollen.

In dem Korruptionsskandal im EU-Parlament geht es um mutmaßliche
Einflussnahme aus Katar und Marokko auf politische Entscheidungen des
Europaparlaments. Die Justiz legt unter anderem der damaligen
Parlamentsvizepräsidentin Eva Kaili die Beteiligung an einer
kriminellen Vereinigung, Geldwäsche und Korruption zur Last.