Sanierungszwang? EU-Parlament stimmt über neue Gebäudevorgaben ab Von Marek Majewsky, dpa

14.03.2023 04:30

Damit die EU bis 2050 klimaneutral wird, muss noch einiges passieren.
Deswegen sollen besonders energieineffiziente Gebäude saniert werden,
wie derzeit diskutierte EU-Pläne vorsehen. Davon könnten zahlreiche
Deutsche betroffen sein.

Straßburg (dpa) - Das EU-Parlament stimmt an diesem Dienstag über
seine Position zu neuen Mindeststandards für die Energieeffizienz von
Gebäuden ab. Das Vorhaben war zuletzt kontrovers diskutiert worden,
so hatten unter anderem Unionspolitiker Widerstand gegen das Vorhaben
angekündigt.

Worüber wird diskutiert?

Hintergrund der Debatte ist ein Vorschlag der EU-Kommission. Dieser
beinhaltet unter anderem neue Anforderungen an die Energieeffizienz
von Gebäuden. Die an dem Gesetzgebungsprozess beteiligten EU-Staaten
hatten sich im Oktober auf ihre Position für die noch ausstehenden
Verhandlungen mit dem Europaparlament geeinigt. Demnach soll bis 2033
jedes Gebäude mindestens einen Energieeffizienzstandard der Klasse
«D» haben. Die sogenannte Gesamtenergieeffizienzklasse soll ähnlich
wie bei Haushaltsgeräten auf einer Skala von «A» bis «G» angegebe
n
werden.

Warum gibt es Kritik? 

Es steht die Befürchtung im Raum, dass etwa hohe Sanierungskosten auf

viele Hausbesitzer zukommen könnten. «Wir können die Kosten im Kampf

gegen den Klimawandel nicht auf Omas Häuschen abwälzen», kritisiert
etwa der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke. Seine
Grünen-Amtskollegin Jutta Paulus sagt hingegen, Ziel sei es, den
Energieverbrauch von Gebäuden deutlich zu senken und so den
Geldbeutel der Verbraucherinnen und Verbraucher zu schonen.

Was will das EU-Parlament?

Darüber wird nun abgestimmt. Der zuständige Berichterstatter Ciarán
Cuffe schlägt ähnlich wie die EU-Staaten vor, dass Wohngebäude bis
2033 mindestens einen Standard «D» erfüllen sollen. Bei Gebäuden
in
öffentlicher Hand soll dies bereits 2030 der Fall sein.
Die EU-Kommission hatte ursprünglich einen um je einen Buchstaben
ineffizienteren Standard vorgeschlagen. Es gibt aber auch noch
mehrere Änderungsanträge zu den Vorschlägen.

Wie teuer werden die Sanierungen?

Darüber wird gestritten. Der Präsident des Eigentümerverbands Haus
&
Grund, Kai Warnecke, warnt vor einem dramatischen Wertverlust gerade
bei älteren Gebäuden. Die EU-Kommission betont hingegen, dass sich
Renovierungen etwa durch weniger Energieverbrauch auf lange Sicht
auszahlten. Zudem wird diskutiert, ob es Ausnahmen für
Sozialwohnungen geben soll. Als Beispiel wird genannt, wenn etwa
Renovierungen zu Mieterhöhungen führen, die nicht durch weniger
Energiekosten ausgeglichen werden.

Für die Sanierungen soll aber auch Geld aus EU-Töpfen bereitgeste
llt
werden. Ende 2021 hieß es vonseiten der Kommission, dass bis 2030 bis
zu 150 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt zur Verfügung stünden.

Warum sieht die EU-Kommission Handlungsbedarf?

Nach Angaben der Kommission bei der Vorstellung der Pläne sind
Gebäude für rund 40 Prozent des Energieverbrauchs und rund ein
Drittel der Treibhausgasemissionen in der EU verantwortlich. Wenn
Häuser besser gedämmt sind oder moderne Heizungen verwendet werden,
kann das den Energiebedarf senken.

Die geplante Gesetzesänderung ist Teil des Klimapakets «Fit for 55»,

mit dem die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55
Prozent im Vergleich zu 1990 gesenkt werden sollen. Zudem sollen
Bewohnerinnen und Bewohner durch geringeren Verbrauch vor
sprunghaften Kosten durch Energiepreise geschützt werden.

Wie geht es weiter?

Mit der Abstimmung im EU-Parlament sind die Pläne noch nicht
beschlossen. Die EU-Staaten und das Europaparlament müssen noch einen
Kompromiss finden, bevor die Vorgaben in Kraft treten können. Diese
Verhandlungen ziehen sich in der Regel mindestens über
mehrere Monate. Änderungen sind also weiterhin möglich.