In Bayern formiert sich Widerstand gegen neue Gentechnikpläne der EU

15.03.2023 12:29

2009 wurden letztmals in Bayern gentechnisch veränderte Pflanzen
angebaut. Eine Novelle der EU-Gesetzgebung könnte aber dafür sorgen,
dass auch der Freistaat nicht mehr lange gentechnikfrei bleibt.

München/Brüssel (dpa) - Angesichts kursierender Pläne der EU zur
Lockerung der Vorschriften für gentechnisch veränderte Pflanzen
laufen in Bayern Landwirte, Umwelt-, Natur- und Verbraucherschützer
Sturm. «Mit einer Deregulierung der Gesetzgebung zur Agrogentechnik
würden der Ökolandbau und die gentechnikfreie Landwirtschaft massiv
geschädigt», sagte der Vorsitzende des BUND in Bayern, Richard
Mergner, am Mittwoch in München. Kontrollaufwand und Kontrollkosten
zur Gentechnikfreiheit würden den Biomarkt extrem belasten - und eine
fehlende Kennzeichnung würde den Verbraucherinnen und Verbrauchern
ihre Wahlfreiheit für gentechnikfreie Produkte rauben.

Die deutsche Politik sei aufgerufen, sich den Plänen
entgegenzustellen, die zeigten, wie einflussreich die
Gentechnik-Lobby in Brüssel sei, betonte Mergner. Sowohl die
Landesregierungen als auch die Bundesregierung müsse sich für den
Schutz einer gentechnikfreien Natur und Landwirtschaft einsetzen.
Diese Position erwarte er auch von Bundesumweltministerin Steffi
Lemke (Grüne) auf der Sitzung der EU-Umweltminister am Donnerstag
in Brüssel. Um den Druck auf die Politik zu erhöhen, schlossen sich
in Bayern 25 Organisationen und Gruppen aus Landwirtschaft, Umwelt-,
Natur- und Verbraucherschutz zu einem Protestbündnis zusammen.

Es sei eine Fehlinformation, wenn behauptet werde, dass die neuen
gentechnisch veränderten Pflanzen eine Lösung für die
Herausforderungen durch Dürren, Hitze und Starkregen seien. «Die
Antworten auf die Herausforderungen des Klimawandels und des
Biodiversitätsverlustes liegen nicht im Labor», betonte Mergner.
Stattdessen seien ökologischer Landbau, Agrarökologie, vielfältige
und regional angepasste Landwirtschaft sowie ökonomisch, sozial und
kulturell attraktive ländliche Räume die «echten Lösungen» für
die
ökologischen und klimatischen Herausforderungen.

«Wir haben zwei Jahrzehnte investiert, um nachvollziehbar
gentechnikfreie Produkte zu liefern. Dadurch ist die Transparenz von
Lieferketten auch bei den Futtermitteln gestiegen», sagte Johann
Leis, Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Milchviehhalter (BDM)
in Bayern. Die Lobby-Kräfte, die über die EU-Kommission diese
Transparenz aushöhlen wollten, setzten auf eine Täuschung der
Verbraucherinnen und Verbraucher.

In Bayern wurden im Herbst 2009 die bisher letzten gentechnisch
veränderten Pflanzen geerntet. 2014 trat der Freistaat dem Netzwerk
gentechnikfreier Regionen in Europa bei. Das Protestbündnis sieht die
Anti-Gentechnik-Allianz in Gefahr, da die zur Diskussion stehende
Novelle auch den Anbau in Bayern ermöglichen würde.

Über die Überarbeitung der EU-Gentechnikregeln wird schon lange
gestritten. Im April 2021 hatte die EU-Kommission mitgeteilt, dass
das das EU-Gentechnikrecht überarbeitet werden solle. Inzwischen
hatte die Kommission an einer Abschätzung zu den Folgen einer neuen
Regulierung gearbeitet, in diese Analyse flossen auch Einschätzungen
von Umweltorganisationen und Berufsverbänden. Derzeit plant die
EU-Kommission, voraussichtlich im Juni einen konkreten Vorschlag für
einen Gesetzestext zu veröffentlichen.

Im Anschluss müssten sich EU-Staaten und Europaparlament noch über
das Vorhaben einig werden. Am Ende dieses Prozesses könnte sich
entscheiden, inwieweit Gentechnik in der Landwirtschaft eingesetzt
werden kann - und damit würde auch beeinflusst werden, inwiefern
gentechnisch veränderte Lebensmittel bei den Verbrauchern auf dem
Teller landen.