Scholz ruft zu Zuversicht bei Umbrüchen nach Ukraine-Krieg auf

16.03.2023 12:03

Kanzler Scholz hat ein neues Leitwort: Zuversicht. Die könne sich
speisen aus den Erfolgen der vergangenen Krisen-Monate, meint er.
Oppositionsführer Merz sieht nur Worte statt Taten.

Berlin (dpa) - Kanzler Olaf Scholz hat zu Zuversicht bei weiteren
Veränderungen infolge von Ukraine-Krieg und Klimakrise aufgerufen.
«Es stimmt: Zuversicht lässt sich nicht verordnen. Sondern sie ist
vor allem das Ergebnis bereits erzielter Leistungen», sagte der
SPD-Politiker am Donnerstag im Bundestag in einer Regierungserklärung
zum EU-Gipfel kommende Woche. Doch genau deshalb gebe es in
Deutschland und Europa gerade Grund zur Zuversicht. «Jetzt geht es
darum, dass wir gemeinsam aufbrechen und anpacken, damit eine gute
neue Zeit möglich wird», forderte Scholz.

Der Kanzler wies darauf hin, dass Deutschland sich in nur acht
Monaten von Gas, Öl und Kohle aus Russland unabhängig gemacht und die
Versorgung umgestellt habe. «Niemand musste frieren. Es gab keinen
wirtschaftlichen Einbruch und keine verordnete Abschaltung von
Industrieanlagen.» Dies zeige: «Wenn's drauf ankommt, dann können wir

Aufbruch und Umbruch, Tempo und Transformation.»

Unionsfraktionschef Friedrich Merz warf Scholz vor, diese Zuversicht
künstlich herbeizureden. «Zuversicht entsteht dann, wenn die Menschen
das Gefühl haben, da ist eine Regierung im Amt, die hat einen
Kompass, die trifft Entscheidungen und die gibt durch Taten Grund und
Anlass zur Zuversicht, nicht durch Worte allein», sagte er. Das
treffe bei der Ampel-Regierung ganz offensichtlich nicht zu.

Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge warf der Union vor, die
Politik der Ampel-Koalition ohne Vorlage eigener Konzepte schlecht zu
machen. «Sie haben nichts dazu beigetragen, unserem Land Mut,
Zuversicht und Hoffnung zu geben», sagte sie. Merz gehe es nur um
kurzfristige parteipolitische Gewinne.

Der CDU-Chef sprach wunde Punkte der Koalition an, wie etwa den
Streit über den Bundeshaushalt und die Zukunft des
Verbrennungsmotors. In Brüssel bremse Deutschland wichtige Vorhaben
aus. FDP-Fraktionschef Christian Dürr verteidigte das Verhalten der
Bundesregierung. «Die Tatsache, dass wir jetzt Debatten in Europa
führen, auch über deutsche Positionen, ist dieser Bundesregierung zu
verdanken», sagte er. Das Ringen um den richtigen Kurs etwa zur
Zukunft des Verbrennermotors sei absolut richtig.

Merz warf der Bundesregierung auch zahlreiche Versäumnisse bei
Konsequenzen im Zuge von Russlands Krieg gegen die Ukraine vor. So
kritisierte er aus seiner Sicht mangelnde Ausgaben aus dem
Sondervermögen für die Bundeswehr und unzureichende Unterstützung f
ür
die Ukraine. Andere Länder hätten gemessen an der Wirtschaftsleistung
mehr getan.

Scholz betonte, mit den europäischen Partnern werde Deutschland dafür
sorgen, dass die Ukraine weiterhin Waffen und Ausrüstung erhalte.
«Ganz besonders wichtig ist, die Ukraine rasch mit der nötigen
Munition zu versorgen», sagte er. Die Linke warf dem Kanzler vor,
allein auf einen vollständigen militärischen Sieg der Ukraine zu
setzen. «Immer mehr Waffenlieferungen und immer mehr Aufrüstung, das
bringt uns dem Frieden nicht näher, aber bei den Rüstungskonzernen
knallen deshalb jeden Tag die Champagnerkorken», kritisierte
Fraktionschefin Amira Mohamed Ali.

Scholz griff auch die Bund-Länder-Auseinandersetzung zur Finanzierung
der Aufnahme von Flüchtlingen auf. Der Bund habe Ländern und Kommunen
im vergangenen Jahr mehr als 3,5 Milliarden Euro gezahlt, in diesem
Jahr sollten noch einmal 2,75 Milliarden fließen. Außerdem könnten
ukrainische Flüchtlinge Bürgergeld bekommen. «Das bedeutet, dass der

Bund den allergrößten Teil der Kosten für Unterkunft und Verpflegung

trägt», sagte Scholz. Er versicherte: «Seiner Verantwortung wird der

Bund gemeinsam mit den Ländern und Gemeinden auch weiterhin gerecht
werden.»

Mehrere Länder fordern aktuell mehr Geld vom Bund für die Aufnahme
von Flüchtlingen. Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD)
hatte im ARD-«Morgenmagazin» gesagt, in seinem Land trage der Bund
etwa ein Sechstel der Kosten des Landes und der Kommunen mit. «Das
ist eine viel zu niedrige Quote, die meines Erachtens wesentlich
erhöht werden muss», sagte Weil. «Fair wäre aus meiner Sicht eine
Regelung fifty-fifty.» Ein Bund-Länder-Gipfel mit Scholz zum Thema
ist für den 10. Mai geplant.