Baerbock in Nordmazedonien - EU-Annäherung im Mittelpunkt

23.03.2023 05:13

Zwei Tage lang besucht Außenministerin Baerbock den Westbalkan und
den Südkaukasus. Sie will ein Zeichen für einen proeuropäischen Kurs

senden. Es geht aber auch um ein weiteres Signal.

Skopje (dpa) - Außenministerin Annalena Baerbock hat Nordmazedonien
und Georgien Unterstützung auf dem Weg in die EU zugesichert, von
beiden Ländern aber auch einen proeuropäischen Kurs gefordert. «Der
Platz von Nordmazedonien ist ebenso wie der unserer anderen Partner
des westlichen Balkans in der Europäischen Union», sagte die
Grünen-Politikerin zum Auftakt einer zweitägigen Reise in beide
Länder. Mit der Reise dürfte Baerbock vor dem Hintergrund des
russischen Angriffskrieges in der Ukraine auch ein Zeichen gegen
Moskauer Einflussversuche setzen wollen.

Mit der georgischen Regierung in Tiflis werde sie am Freitag darüber
sprechen, welche Schritte für den Status als EU-Beitrittskandidat
noch gegangen werden müssten, sagte Baerbock. Sie unterstrich: «Eine

Abkürzung oder einen Rabatt kann es hier nicht geben.»

In der nordmazedonischen Hauptstadt Skopje wollte die Ministerin am
Donnerstag mit ihrem Kollegen Bujar Osmani sprechen. Zudem sind
Gespräche mit Regierungschef Dimitar Kovacevski, dem Vorsitzenden der
Oppositionspartei VMRO-DPMNE, Hristijan Mickoski, sowie
Staatspräsident Stevo Pendarovski geplant.

Baerbock: «Erwartungen sind Gefahr und Hoffnung zugleich»

Baerbock erklärte, die Hoffnungen und Erwartungen, die die Menschen
in Nordmazedonien an den EU-Beitrittsprozess knüpften, seien Chance
und Gefahr zugleich. «Gefahr, weil wir die Mazedonierinnen und
Mazedonier für Europa verlieren könnten, wenn wir als EU ihre
Erwartungen enttäuschen.» Und Chance, weil allen Beteiligten bewusst
sei, worum es gehe: «Um eine Zukunft in der europäischen Familie, um
eine Region mit stabilem Wohlstand und Frieden, um Selbstbestimmung.»

In Skopje will Baerbock für die Annahme einer für die weitere
EU-Annäherung nötigen Verfassungsänderung werben. Die Änderung, die

das Nachbarland und EU-Mitglied Bulgarien gefordert hat, ist
Voraussetzung für die Eröffnung erster Verhandlungskapitel mit der
EU. Nordmazedonien mit seinen rund 1,8 Millionen Einwohnern soll die
etwa 3000 Menschen starke bulgarische Minderheit in der Verfassung
anerkennen. Nordmazedonien ist seit 2005 Beitrittskandidat.

Alle sechs Westbalkan-Staaten - dazu zählen neben Nordmazedonien noch
Albanien, Bosnien-Herzegowina, Serbien, Montenegro und das Kosovo -
warten auf eine EU-Aufnahme, einige seit 20 Jahren. Für
Nordmazedonien und Albanien laufen die Beitrittsverhandlungen seit
Juli 2022. Nordmazedonien hat seit Anfang des Jahres auch den Vorsitz
der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE)
inne.

Nordmazedonien lieferte Kampfflugzeuge an die Ukraine

Im Ukraine-Krieg erwies sich die Regierung in Skopje als
zuverlässiger Partner des Westens. Sie übernahm die EU-Sanktionen
gegen Russland und lieferte im Rahmen ihrer Möglichkeiten Waffen an
die Ukraine. Wie erst kürzlich bekannt wurde, waren darunter auch
vier Kampfflugzeuge vom sowjetischen Typ Suchoi 25, wie das
Fachportal «janes.com» am Montag berichtet hatte.

Baerbock besucht am Freitag Georgien

Auch bei Baerbocks Besuch in Georgien an diesem Freitag soll die
Annäherung an die EU im Mittelpunkt stehen. Die EU hatte die Ukraine
und deren kleinen Nachbarrepublik Moldau im vergangenen Juni im
Zusammenhang mit dem russischen Angriff auf die Ukraine zu
Beitrittskandidaten gemacht. Georgien wurde dieser Status in Aussicht
gestellt, sobald bestimmte Reformen erfüllt sind.

Vor gut zwei Wochen hatte das Parlament in Tiflis nach
Massenprotesten Gesetzespläne zur Einstufung ausländischer Medien und
Organisationen als «Agenten» zurückgezogen, die an russische
Vorbilder erinnerten. Georgien mit seinen etwa 3,7 Millionen
Einwohnern steht auch viele Jahre nach dem Zusammenbruch der
Sowjetunion unter dem Einfluss seines großen Nachbarn Russland.