Mehr Asylanträge in der EU - Recht auf Asyl verliert an Zustimmung

23.03.2023 16:02

Viele Menschen suchen erneut in Europa Schutz. Doch laut einer
Umfrage bereitet die Flüchtlingssituation Bürgerinnen und Bürgern in

Deutschland zunehmend Sorgen.

Berlin (dpa) - Die Zahl der Asylanträge in der EU ist erneut
gestiegen - gleichzeitig sehen viele Bürgerinnen und Bürger einer
Umfrage zufolge Deutschland nicht in der Lage, noch mehr Geflüchtete
aufzunehmen. Im vergangenen Jahr wurden in den 27 EU-Mitgliedstaaten
881 200 Erstanträge gestellt, wie die EU-Statistikbehörde Eurostat am
Donnerstag in Luxemburg mitteilte. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet
dies ein Plus von 64 Prozent. Damals waren es 537 400 Anträge. Die
Behörde verwies jedoch auch darauf, dass die Zahl während der großen

Fluchtbewegung in den Jahren 2015 und 2016 jeweils bei mehr als einer
Million lag.

Zusätzlich gewährten die EU-Staaten mehr als 4,3 Millionen Menschen
aus der Ukraine Schutz vor dem russischen Angriffskrieg. Diese müssen
keinen Asylantrag stellen. Der Krieg dauert bereits seit Februar
vergangenen Jahres.

Wie in jedem Jahr seit 2013 kamen die meisten Asylsuchenden in Europa
aus dem Bürgerkriegsland Syrien (15 Prozent). Es folgen Afghanistan
(13 Prozent) sowie Venezuela und die Türkei (jeweils fast 6 Prozent).
Mit 217 735 Anträgen (25 Prozent) wurden wie bereits in den
vergangenen Jahren die meisten Anträge in Deutschland gestellt,
gefolgt von Frankreich (16 Prozent) und Spanien (13 Prozent).

Doch verliert das Recht auf Asyl einer im März durchgeführten Umfrage
zufolge an Rückhalt in der Bundesrepublik: Laut der repräsentativen
Erhebung des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der
«Frankfurter Allgemeinen Zeitung» halten nur noch 39 Prozent der
Bevölkerung das Asylrecht in seiner aktuellen Form für gut. Im Jahr
2017 waren es demnach noch 52 Prozent. 49 Prozent finden, das Recht
auf Asyl müsste eingeschränkt werden; 2017 waren es 39 Prozent.

Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Carsten Linnemann sprach sich
erneut für radikale Änderungen des deutschen und europäischen
Asylsystems aus. Die Grenzen des Schengen-Raums «müssen so gesichert
sein, dass in Zukunft nur noch Menschen zu uns kommen können, die
einen positiven Asylbescheid haben», sagte er dem Fernsehsender Welt.
Das bedeute, dass Asylverfahren künftig außerhalb der EU stattfinden
müssten.

Der Umfrage der «FAZ» zufolge sieht nur ein Fünftel der Befragten
Deutschland derzeit dazu in der Lage, noch mehr Flüchtlinge
aufzunehmen. 59 Prozent halten dies nicht für möglich, in
Ostdeutschland sind es 69 Prozent. 39 Prozent der Befragten bereitet
die Flüchtlingssituation in Deutschland laut Umfrage Sorgen - eine
Zunahme im Vergleich zum vergangenen Jahr (30 Prozent).

Um die Geflüchteten gut unterzubringen, forderte der Deutsche
Städtetag am Donnerstag erneut eine schnelle Entlastung der Kommunen.
Es brauche ein langfristiges und dauerhaftes Konzept zur
Unterbringung und Integration von Geflüchteten und auch ein
entsprechendes Finanzierungsmodell von Bund und Ländern, das sich
diesen steigenden Zahlen von Geflüchteten anpasse. «Wir rangeln uns
ja im Moment immer wieder von Jahr zu Jahr vor. Wir müssen immer
wieder neu verhandeln», monierte der Präsident des Deutschen
Städtetages, Oberbürgermeister Markus Lewe, aus Münster.

Wie mit geflüchteten Menschen umgegangen werde, gehöre mittlerweile
zur Stadtstrategie. «Das ist ein Thema, was von langfristiger
Bedeutung sein wird und damit auch einen langfristigen Rahmen
braucht», sagte Lewe.