Baerbock wirbt in Nordmazedonien für Fortsetzung der EU-Annäherung

23.03.2023 16:07

Außenministerin Baerbock auf europäischer Mission: Zwei Tage lang
besucht sie den Westbalkan und den Südkaukasus. Sie sendet Zeichen
für einen proeuropäischen Kurs der Region. Und ein weiteres Signal.

Skopje (dpa) - Außenministerin Annalena Baerbock hat in
Nordmazedonien eindringlich dafür geworben, rasch die Hürden für eine

Fortsetzung des EU-Beitrittsprozesses beiseite zu räumen. Die dafür
notwendige Verfassungsänderung zugunsten der bulgarischen Minderheit
«darf nicht zu einem politischen Zankapfel werden im Wettbewerb um
Beliebtheitswerte in Umfragen oder im Wettstreit darum, welche Partei
am Ende bei den Wahlen die Nase vorne haben könnte», sagte die
Grünen-Politikerin am Donnerstag nach einem Treffen mit ihrem
mazedonischen Kollegen Bujar Osmani in der Hauptstadt Skopje. In
Nordmazedonien soll turnusgemäß 2024 neu gewählt werden.

Osmani versicherte, die Regierung in Skopje wolle die Änderungen
umsetzen. Es gebe keine Alternative zu einer weiteren Annäherung an
die EU. Die Verfassungsänderung, die das Nachbarland und EU-Mitglied
Bulgarien gefordert hat, ist Voraussetzung für die Eröffnung erster
Verhandlungskapitel mit der EU. Nordmazedonien mit seinen rund 1,8
Millionen Einwohnern soll die etwa 3000 Menschen starke bulgarische
Minderheit in der Verfassung anerkennen. Die Republik Nordmazedonien
ist seit 2005 EU-Beitrittskandidat.

Die von der Sozialdemokratischen Union (SDSM) geführte mazedonische
Regierung steht unter massivem innenpolitischem Druck. Die
Verfassungsänderung ist umstritten und unpopulär. Für die notwendige

Zweidrittelmehrheit sind Stimmen der Opposition notwendig. Die größte
Oppositionspartei VMRO-DPMNE lehnt die Änderung ab und verlangt
vorgezogene Neuwahlen. Baerbock traf sich auch mit VMRO-DPMNE-Chef
Hristijan Mickoski zu einem Gespräch.

Baerbock verspricht Skopje Unterstützung: «Ihr habt mein Wort»

Angesichts von russischen und chinesischen Einflussversuchen auf dem
Westbalkan versprach Baerbock Unterstützung beim EU-Beitrittsprozess:
«Gerade in diesen Zeiten, wo andere Akteure versuchen, hitzige
Diskussionen in Ländern zu instrumentalisieren und zu spalten, möchte
ich an dieser Stelle sagen: Ihr habt mein Wort, wir werden euch nicht
im Regen stehen lassen.» Es müssten alle Hebel in Bewegung gesetzt
werden, damit der Prozess rasch weitergehe.

Osmani sagte, sein Land sei in der Region vom Stabilitätsempfänger
zum Geber von Stabilität geworden. Die Teilnahme am EU-Markt sei ein
«ehrgeiziges, aber erreichbares Ziel». Nordmazedonien habe im
Zusammenhang mit dem EU-Beitrittsprozess Verpflichtungen übernommen,
die erfüllt werden müssten, sagte er laut offizieller Übersetzung.

Nordmazedonien lieferte Kampfflugzeuge an die Ukraine

Im Ukraine-Krieg erwies sich die Regierung in Skopje als
zuverlässiger Partner des Westens. Sie übernahm die EU-Sanktionen
gegen Russland und lieferte im Rahmen ihrer Möglichkeiten Waffen an
die Ukraine. Darunter waren auch vier Kampfflugzeuge vom sowjetischen
Typ Suchoi 25, wie das Fachportal «janes.com» berichtet hatte.

Baerbock will auch in Georgien um weitere EU-Annäherung werben

Baerbock wollte am Nachmittag in die Südkaukasusrepublik Georgien
weiterreisen. Mit der Regierung in Tiflis werde sie am Freitag
darüber sprechen, welche Schritte für den Status als
EU-Beitrittskandidat noch gegangen werden müssten, hatte sie
angekündigt. Baerbock unterstrich zugleich: «Eine Abkürzung oder
einen Rabatt kann es hier nicht geben.»

Die EU hatte Georgien im Juni 2022 den Status eines
Beitrittskandidaten in Aussicht gestellt, sobald bestimmte Reformen
erfüllt sind. Vor gut zwei Wochen hatte das Parlament in Tiflis nach
Massenprotesten Gesetzespläne zur Einstufung ausländischer Medien und
Organisationen als «Agenten» zurückgezogen, die an russische
Vorbilder erinnerten. Georgien mit seinen etwa 3,7 Millionen
Einwohnern steht auch viele Jahre nach dem Zusammenbruch der
Sowjetunion unter dem Einfluss seines großen Nachbarn Russland.