EU verspricht Kiew dauerhafte Hilfe - Moskau droht Deutschland

23.03.2023 18:24

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine ist auch diesmal eines
der Topthemen beim EU-Gipfel. Das gewünschte Signal heißt
Solidarität, und zwar «so lange wie nötig».

Brüssel/Kiew (dpa) - Volle Rückendeckung für Kiew: Die Europäische

Union will die Ukraine dauerhaft unterstützen und mehr Druck auf
Russland aufbauen. Dies vereinbarten Bundeskanzler Olaf Scholz und
die übrigen Staats- und Regierungschefs am Donnerstag beim EU-Gipfel
in Brüssel. Die Slowakei übergab Kiew die ersten vier von 13
zugesagten MiG-29-Kampfjets. Russland kündigte seinerseits den Bau
von 1500 Panzern in diesem Jahr an. Zugleich richtete Ex-Präsident
Dmitri Medwedew neue Drohungen gegen Deutschland.

Sollte der internationale Haftbefehl gegen Staatschef Wladimir Putin
in der Bundesrepublik vollstreckt werden, wäre dies wie eine
«Kriegserklärung», sagte Medwedew in einem Interview. Russland würd
e
in dem Fall Raketen auf den Bundestag und das Kanzleramt abfeuern,
drohte er. Doch schränkte Medwedew ein, die Festnahme Putins sei
«eine Situation, die nie eintreten wird».

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock stellte sich hinter den
Haftbefehl, den der Internationale Strafgerichtshof vergangene Woche
erlassen hatte. «Niemand steht über der Charta der Vereinten
Nationen, niemand steht über dem humanitären Völkerrecht, niemand
kann Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit ungesühnt
begehen», sagte die Grünen-Politikerin in Mazedonien.

Ukraine spricht von russischer Schwäche bei Bachmut

Putin hatte im Februar 2022 eine Invasion des Nachbarlands gestartet,
die inzwischen wahrscheinlich Zehntausende Menschen das Leben
gekostet hat. Immer wieder gibt es russische Luftangriffe in der
gesamten Ukraine. Erst am Mittwoch waren dabei nach Angaben aus Kiew
mindestens 14 Menschen getötet und 24 verletzt worden. Am Boden wird
vor allem im Osten und Süden des Landes gekämpft.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj besuchte diese Woche
zunächst seine Truppen in den östlichen Gebieten Donezk und Charkiw
und reiste dann ins südukrainische Gebiet Cherson. Am Mittwochabend
sagte er: «Es ist schmerzhaft, die Städte im Donbass zu sehen, über
die Russland schreckliches Leid und Ruinen gebracht hat.»

Doch trotz der schweren Zerstörungen und des Leids gebe es in diesen
Gebieten Hoffnung. «Man kann sie spüren», sagte Selenskyj. «Wir
werden alles tun, damit die blauen und gelben Farben ihre
Befreiungsbewegung fortsetzen und das normale Leben in unser ganzes
Land zurückkehren kann, von Donezk bis zur Grenze.»

Das ukrainische Militär verbreitete die Ansicht, die russischen
Einheiten bei der umkämpften Stadt Bachmut im Donezker Gebiet seien
bald am Ende ihrer Kräfte. Der Befehlshaber der ukrainischen
Landstreitkräfte, Olexander Syrsykj, kündigte eine baldige
Gegenoffensive an. «Wir werden recht bald diese Gelegenheit nutzen,
wie wir es seinerzeit bei Kiew, Charkiw, Balaklija und Kupjansk
gemacht haben», sagte er im Nachrichtenkanal Telegram.

Die Angaben der Kriegsparteien sind kaum unabhängig zu überprüfen.
Doch hatte auch das britische Verteidigungsministerium von einer
nachlassenden Dynamik russischer Angriffe bei Bachmut berichtet.

Fest an der Seite der Ukraine

Beim Brüsseler EU-Gipfel sagte Scholz, Putin habe nie mit einer so
geschlossenen Unterstützung des Westens für die Ukraine gerechnet.
«Und wir sind auch vorbereitet darauf, die Ukraine so lange zu
unterstützen, wie das tatsächlich notwendig sein wird.» In der
Gipfelerklärung zur Ukraine hieß es, die Europäische Union sei
entschlossen, den kollektiven Druck auf Russland zu erhöhen.

Dies schließe mögliche weitere Sanktionen und Arbeiten an der bereits
existierenden Preisobergrenze für russische Erdölerzeugnisse ein.
Zuletzt hatten unter anderem Länder wie Polen und Litauen eine
Absenkung dieser Preisobergrenze gefordert, um Russlands Einnahmen
aus Ölexporten noch weiter zu beschneiden.

Die EU-Staaten sagten der Ukraine politische, wirtschaftliche,
militärische, finanzielle und humanitäre Hilfe zu - solange dies
nötig ist. Geplant wird zum Beispiel, in den kommenden zwölf Monaten
eine Million neue Artilleriegeschosse zu liefern. Sie sollen Engpässe
verhindern und den Ukrainern neue Offensiven gegen die Angreifer aus
Russland ermöglichen. Wenn die Ukraine darum bittet, sollen weitere
Raketen geliefert werden.

Auch die Unterstützung für Geflüchtete ist enorm: Im vergangenen Jahr

gewährten die EU-Staaten mehr als 4,3 Millionen Menschen aus der
Ukraine Schutz vor dem russischen Angriffskrieg. Zudem wurden mehr
als 2000 ukrainische Patienten in europäische Krankenhäuser gebracht,
wie die EU-Kommission mitteilte. Die Verletzten und Kranken werden im
Rahmen des EU-Katastrophenschutzverfahrens auf Kliniken in 20
europäischen Länder verteilt.

Sánchez will mit Xi über Vermittlung im Ukraine-Krieg sprechen

Wie und wann der Krieg enden könnte, ist nach wie vor völlig unklar.
Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez will Ende des Monats bei
einem Besuch in Peking die Chancen auf eine Vermittlung Chinas
ausloten, wie Präsidentschaftsminister Félix Bolaños ankündigte.
Peking könne bei der Vermittlung zwischen Kiew und Moskau eine «sehr
wichtige Rolle spielen».

China hatte zum Ukraine-Krieg ein Positionspapier veröffentlicht, das
im Westen aber auf Enttäuschung stieß. Staats- und Parteichef Xi
Jinping hat gerade erst mit Putin eine engere strategische
Zusammenarbeit vereinbart.