Selenskyj will moderne Kampfjets - Keine Zusagen beim EU-Gipfel

24.03.2023 00:15

Seit 13 Monaten verteidigt die Ukraine sich nun schon gegen Russland.
Präsident Selenskyj hätte für den Krieg am liebsten moderne westliche

Kampfjets. Beim EU-Gipfel in Brüssel dringt er mit seiner Forderung
nicht wirklich durch. Noch nicht?

Brüssel (dpa) - Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj drängt

die EU zur Lieferung westlicher Kampfjets zur Verteidigung gegen den
russischen Angreifer. «Wir brauchen moderne Flugzeuge», sagte
Selenskyj am Donnerstag bei einem EU-Gipfel, zu dem er per Video
zugeschaltet war. Zugleich dankte er Polen und der Slowakei für die
Entscheidung, Kampfjets des sowjetischen Typs MiG-29 bereitzustellen.
«Dies wird die Verteidigung unseres Luftraums erheblich stärken.»

Beim Gipfel selbst spielten mögliche Kampfjet-Lieferungen allerdings
keine größere Rolle. Über das Thema sei nicht im Detail gesprochen
worden, sagte Österreichs Kanzler Karl Nehammer. EU-Ratspräsident
Charles Michel und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
betonten lediglich, dass die Entscheidung über die Lieferung solcher
Kampfjets von den einzelnen Mitgliedstaaten getroffen werden müsse.
Michel fügte noch hinzu, dass die Ukraine «mehr Unterstützung und
mehr militärische Ausrüstung» benötige.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat seine Haltung bereits mehrfach deutlich
gemacht: Für ihn ist die Lieferung moderner westlicher Kampfjets
derzeit kein Thema. «Die Debatte macht keinen Sinn», sagte er im
Februar. Mehrere andere Länder haben sich offen dafür gezeigt.

Am Donnerstag hatte die Slowakei bekanntgegeben, der Ukraine die
ersten 4 ihrer 13 versprochenen Kampfflugzeuge übergeben zu haben.
Dabei handelt es sich jedoch nicht um moderne Jets westlicher Bauart,
sondern um solche des sowjetischen Typs MiG-29. Zuvor hatte Polen die
Lieferung von Kampfflugzeugen desselben Typs angekündigt. Westliche
Kampfjets sind zum Beispiel der europäische Eurofighter oder die
amerikanische F-16.

An Kanzler Scholz und dessen Kollegen gerichtet fragte Selenskyj, ob
es einen rationalen Grund für die Verzögerung bei der Bereitstellung
moderner Flugzeuge gebe. Er verwies auf die russischen Drohungen vor
der Lieferung des deutschen Leopard-Kampfpanzers aus der EU. «Und was
hat Russland daraufhin getan? Wir alle müssen uns daran gewöhnen,
dass ein terroristischer Staat öfter blufft, als dass er eskalieren
kann», sagte Selenskyj nach Angaben der Regierung in Kiew.

In ihrer Abschlusserklärung versprachen Scholz und seine Kollegen nun
weitere politische, wirtschaftliche, militärische, finanzielle und
humanitäre Hilfe für die Ukraine - solange dies nötig ist. Wenn die
Ukraine darum bittet, sollen zudem weitere Raketen geliefert werden.
Selenskyj beklagte in seiner Rede dagegen fehlendes Tempo auf
europäischer Seite.

«Zeit ist wichtig. Nicht nur Monate und Wochen, sondern auch Tage
sind wichtig. Je schneller wir gemeinsam handeln, desto mehr Leben
können wir retten.» So forderte der Präsident etwa mehr Tempo bei
weiteren Sanktionen gegen Russland und weitere Anstrengungen gegen
das Umgehen bereits verhängter Strafmaßnahmen. Außerdem beklagte er
Verzögerungen bei der Lieferung von Raketen mit größerer Reichweite.


Zugleich schlug Selenskyj ein Gipfeltreffen zu seinem Friedensplan in
einer europäischen Hauptstadt vor. «Würde das nicht zu Europas
globaler Stärke beitragen? Ich bin sicher, das würde es.» Selenskyj
hatte im November beim G20-Gipfel einen Zehn-Punkte-Plan mit
Bedingungen für einen Frieden mit Russland vorgestellt. Dazu zählen
ein vollständiger Abzug russischer Truppen von ukrainischem
Territorium und Reparationszahlungen. Im Dezember schlug Selenskyj
ein Gipfeltreffen dazu vor, nun konkretisierte er diese Idee.

Beim Gipfel spielte auch die Blockade der Bundesregierung im Streit
über Autos mit Verbrennungsmotor eine Rolle. Scholz verteidigte das
deutsche Vorgehen gegen Kritik europäischer Partner.
Kommissionschefin von der Leyen zeigte sich zuversichtlich, dass bald
eine gute Lösung gefunden werde.

Zum Abschluss des zweitägigen Spitzentreffens ist für diesen Freitag

ein Euro-Gipfel angesetzt, zu dem auch die Präsidentin der
Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, und Eurogruppen-Chef
Paschal Donohoe erwartet werden. Dabei dürfte es unter anderem um die
Notübernahme der Schweizer Großbank Credit Suisse durch den
Konkurrenten UBS und die Schieflage einiger kleinerer US-Institute
gehen. Daneben sind die Inflation und die Finanzpolitik vor dem
Hintergrund des Krieges in der Ukraine und die damit verbundenen
hohen Energiepreise Thema.

Am Rande des Gipfels ist zudem ein Treffen zwischen Kanzler Scholz
und Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron geplant. Dabei könnte es
erneut um die Frage gehen, inwieweit moderne Atomenergie-Projekte
durch die EU gefördert werden sollten. Frankreich dringt darauf, dass
in der EU ein für alle Mal klar gestellt wird, dass Atomenergie eine
Rolle bei der Reduzierung von CO2-Emissionen spielt und deswegen
nicht diskriminiert werden darf. Die Bundesregierung vertritt
hingegen den Standpunkt, dass es keine Subventionierung der
Atomenergie durch die EU geben sollte. Insbesondere ist Deutschland
dagegen, dass mit Hilfe von Atomenergie auch Ziele beim Ausbau der
erneuerbaren Energien erreicht werden können.