Wissing zuversichtlich im Verbrenner-Streit

24.03.2023 11:24

Deutschland hat am Donnerstagabend eine Antwort auf die jüngsten
Brüsseler Lösungsvorschläge abgeschickt. Der Verkehrsminister äuß
ert
sich optimistisch, dass damit eine Einigung möglich ist.

Berlin (dpa) - Im Streit um die Zukunft von Neuwagen mit
Verbrennungsmotoren zeigt sich Bundesverkehrsminister Volker Wissing
zuversichtlich, dass es nun zu einer gangbaren Lösung kommt. Der
FDP-Politiker sagte der Deutschen Presse-Agentur, man habe sich eng
mit der EU-Kommission beraten und ihr nach sorgfältiger Prüfung einen
konstruktiven Lösungsvorschlag übermittelt. «Wir gehen davon aus,
dass damit nicht nur alle inhaltlichen, sondern auch die rechtlichen
Fragen hinreichend beantwortet sind.»

Wissing fügte hinzu: «Der Genehmigung von neuzugelassenen Fahrzeugen
mit Verbrennungsmotoren, die ausschließlich mit synthetischen
Kraftstoffen betankt werden, sollte damit auch nach 2035 nichts mehr
im Wege stehen.» Man erwarte nun, dass die EU-Kommission eine
entsprechende Erklärung abgebe, klare zeitliche Zielmarken nenne und
den Prozess für entsprechende Rechtsakte in Gang setze. Von einem
Masseneinsatz sind E-Fuels derzeit noch weit entfernt.

Das Ministerium hatte am Donnerstagabend ein Antwortschreiben zu
jüngsten Lösungsvorschlägen der EU-Kommission nach Brüssel geschick
t.
Die Vorschläge der EU-Kommission waren zu Wochenbeginn
bekanntgeworden. Demnach definierte die Behörde in einem Entwurf
Kriterien für die Zulassung neuer Fahrzeuge, die ausschließlich mit
CO2-neutralen Kraftstoffen betrieben werden.

Hintergrund ist eine grundsätzliche Einigung von Europaparlament und
EU-Staaten, wonach in der EU ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen
zugelassen werden dürfen. Deutschland dringt aber darauf, auch danach
noch Neuwagen mit Verbrennungsmotoren zuzulassen, die E-Fuels tanken
- also klimaneutrale künstliche Kraftstoffe, die mit Ökostrom erzeugt
werden. Eine für Anfang März vorgesehene Bestätigung der Einigung
durch die EU-Staaten wurde daher von Deutschland zunächst verhindert.

Auch EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen zeigte sich
zuversichtlich, dass in dem Streit schnell eine Lösung gefunden wird.
«Zeit ist in diesem Fall von entscheidender Bedeutung», sagte sie am
Donnerstagabend nach dem ersten Tag eines EU-Gipfels in Brüssel. Das

Vorhaben sei eine wichtige Säule, um die EU-Klimaziele zu erreichen.
«Und deshalb intensivieren wir die Gespräche, und ich bin
zuversichtlich, dass wir bald eine gute Lösung finden werden.»

Wissing sagte der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Samstag) mit Blick auf

das Schreiben an die EU-Kommission: «Unser Vorschlag eröffnet
E-Fuels-only-Fahrzeugen eine klare Entwicklungsperspektive, weshalb
wir mit Nachdruck daran festhalten.» Zu den vorgeschlagenen Punkten
zähle ein «Bekenntnis zur Technologieneutralität durch die Kommission

und Verankerung dieses Prinzips in der Flottengrenzwertregulierung».
Zudem solle sofort eine Fahrzeugkategorie für ausschließlich mit
E-Fuels betriebene Wagen geschaffen werden, damit diese unverzüglich
im europäischen Recht verankert würden. Geschaffen werden solle auch
eine «sofortige Zulassungsmöglichkeit dieser Fahrzeuge».

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck geht von einer Lösung mit der
EU-Kommission aus. Der Grünen-Politiker sagte am Freitag in
Kopenhagen, es sei sein Verständnis, dass es eine Einigung gebe. Dies
wären gute Nachrichten. Der Streit habe zu lange gedauert. Eine
Einigung wäre sehr hilfreich auch für den Koalitionsausschuss am
Sonntag, so Habeck. Er hoffe, er liege richtig in der Interpretation.

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte im ZDF-«Morgenmagazin»:
«Dieser Streit ist erst vom Tisch, wenn die EU-Kommission eine ganz
klare rechtliche Vorgabe auf den Tisch legt, dass nach 2035
Verbrenner mit E-Fuels, mit sogenannten synthetischen Kraftstoffen,
möglich sind.» Bundeskanzler Olaf Scholz hatte die deutsche Position
zuvor gegen Kritik europäischer Partner verteidigt. «Es gibt eine
klare Verständigung in Europa», sagte der SPD-Politiker am Donnerstag
beim EU-Gipfel. Dazu gehöre, dass die EU-Kommission einen Vorschlag
mache, wie auch nach 2035 ausschließlich mit klimaneutralen E-Fuels
betriebene Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor zugelassen werden können.

Bei der Grundsatzeinigung im Herbst hatte Deutschland einen Zusatz in
das Abkommen verhandelt, wonach die EU-Kommission einen Vorschlag
vorlegen soll, wie nach 2035 Fahrzeuge zugelassen werden können, die
ausschließlich mit E-Fuels betrieben werden. In der EU-Kommission las
man den entsprechenden Absatz stets so, dass davon Sonderfahrzeuge
wie Kranken- oder Feuerwehrwagen betroffen sein sollen. Nach Berliner
Lesart soll die E-Fuel-Ausnahme dagegen für alle Fahrzeuge gelten.