Faeser hofft weiter auf EU-Asylreform: Ministertreffen in Berlin

24.03.2023 05:00

Seit Jahren ringen die EU-Mitgliedstaaten um einen gemeinsamen Kurs
in der Migrationspolitik. Innenministerin Faeser setzt weiter auf
eine umfassende Reform - und ergreift die Initiative.

Berlin (dpa) - Vor einem Treffen von Bundesinnenministerin Nancy
Faeser (SPD) mit Kollegen aus mehreren EU-Ländern hat der
FDP-Innenexperte Stephan Thomae eine bessere Verteilung der
Schutzsuchenden gefordert. Faeser müsse alles dafür tun, dass es
am Freitag in Berlin «nicht nur bei Gesprächen bleibt, sondern dass
konkrete Ergebnisse dabei herauskommen», sagte Thomae der «Welt».
Derzeit seien Flüchtlinge innerhalb der EU sehr unterschiedlich
verteilt. «Das kann nicht so bleiben», sagte der FDP-Politiker.

Faeser nimmt am Freitag mit ihren Kollegen aus Frankreich, Italien,
Schweden, Spanien und Belgien einen neuen Anlauf für eine Einigung
zur geplanten Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems.
Hintergrund sind die Vorschläge der EU-Kommission für eine Reform der
Asyl- und Migrationspolitik vom September 2020, durch die ein langer
Streit der Mitgliedstaaten überwunden werden sollte. Beim Kern einer
möglichen Reform - der Frage nach der Verteilung von Schutzsuchenden
und anderen Formen der Solidarität - sind die 27 Mitgliedstaaten noch
weit von einer Lösung entfernt.

Deutschland hat als Zielstaat vieler Asylbewerber ein besonderes
Interesse daran, dass die sogenannte Sekundärmigration innerhalb der
Europäischen Union zurückgeht. Auch deshalb will Faeser noch vor der
Europawahl im Frühjahr 2024 Fortschritte in dem seit Jahren
weitgehend festgefahrenen Reformprozess erreichen. Staaten mit
Außengrenzen wie Italien, wo viele Schutzsuchende mit Booten
ankommen, wünschen sich mehr Solidarität von anderen Mitgliedstaaten.

Nicht jeder Mitgliedstaat könne gleich viel leisten, sagte
SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese der «Welt». «Mitgliedstaaten, die
keine Geflüchteten aufnehmen wollen, können wir auch
keine aufnötigen.» Denkbar sei, dass der Beitrag zu Solidarität auf
anderem Wege geleistet werde, etwa durch ein stärkeres Engagement für
Rückführungen. «Auch wäre eine Kopplung an finanzielle Mittel
denkbar», sagte Wiese. «Wer aufnimmt, bekommt mehr Mittel aus dem
Haushalt.» Ziel des Treffens am Freitag sei, «im persönlichen
Gespräch Verständnis für die jeweiligen Positionen zu erlangen».

Die Union warf Faeser vor, einen «migrationspolitischen Sonderweg» zu
bestreiten und sich Bemühungen um einen besseren Schutz der
EU-Außengrenze zu verweigern. «Alle EU-Staaten sind längst soweit,
dass sie die irreguläre Migration steuern und begrenzen wollen, nur
Deutschland nicht», sagte Alexander Throm, innenpolitischer Sprecher
der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, dem Nachrichtenportal «t-online».

Aus Sicht des Grünen-Europapolitikers Erik Marquardt lösen
Abschreckung und Abschottung das eigentliche Problem nicht, dass zu
wenige EU-Staaten Geflüchtete aufnehmen und Länder wie Deutschland
deshalb besonders herausgefordert seien. «Deutschland muss eine
Führungsrolle einnehmen in einer «Koalition des Zusammenhalts» von
Staaten, die Geflüchteten helfen wollen», forderte er bei «t-online
».

Im Februar gingen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf)
26 149 Asylanträge ein. Rund 24 000 davon betrafen Menschen, die
erstmals in Deutschland einen Asylantrag stellten - zum Vergleich: Im
Februar 2022 waren es 13 915.