Baerbock will in Georgien für EU-Annäherung werben Von Jörg Blank und Ulf Mauder, dpa

24.03.2023 05:15

Die Außenministerin setzt in Tiflis ihre zweitägige Mission Europa
fort. Die kleine Ex-Sowjetrepublik Georgien steht immer noch unter
dem Druck Moskaus. Baerbock besucht auch die Verwaltungsgrenze zu
Südossetien. Es ist als Signal an Kremlchef Putin gedacht.

Tiflis (dpa) - Außenministerin Annalena Baerbock will angesichts von
russischen Einflussversuchen in der Südkaukasusrepublik Georgien für
eine weitere Annäherung an die Europäische Union (EU) werben.
Zunächst ist an diesem Freitag ein Treffen der Grünen-Politikerin mit
ihrem Amtskollegen Ilia Dartschiaschwili geplant. Anschließend will
Baerbock Ministerpräsident Irakli Garibaschwili sowie
Staatspräsidentin Salome Surabischwili treffen.

Die EU hatte die Ukraine und deren kleine Nachbarrepublik Moldau im
Juni 2022 im Zusammenhang mit dem russischen Angriff auf die Ukraine
zu Beitrittskandidaten gemacht. Der früheren Sowjetrepublik Georgien
wurde dieser Status damals zumindest in Aussicht gestellt - als
Voraussetzung sollten aber noch bestimmte Reformen umgesetzt werden.

Heftige Proteste gegen Gesetz nach russischem Vorbild

Vor gut zwei Wochen hatte das Parlament in Tiflis nach
Massenprotesten Pläne zur Einstufung ausländischer Medien und
Organisationen als «Agenten» zurückgezogen. Anfang März waren in
Tiflis Tausende Menschen gegen das umstrittene Gesetz auf die Straße
gegangen. Es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der
Polizei, die die Menschen mit Tränengas, Rauchgranaten und
Wasserwerfern auseinandertrieb. Die Demonstranten versuchten unter
anderem, das Parlamentsgebäude zu stürmen. Die Regierungspartei
Georgischer Traum zog den Gesetzentwurf letztlich zurück.

Präsidentin Surabischwili hatte sich hinter die Demonstranten
gestellt und angekündigt, das umstrittene Agenten-Gesetz nicht zu
unterzeichnen. Bürgerrechtler befürchteten, dass das Gesetz die
Demokratie unterhöhle, einer autoritären Ausrichtung den Weg ebne und
die Perspektiven des Landes auf einen EU-Beitritt verschlechtere.
Auch international gab es Kritik, etwa von der EU und den USA.

Mit einem ähnlichen Gesetz in Russland wird seit Jahren die
Opposition gegängelt. Zahlreiche Nichtregierungsorganisationen, aber
auch unabhängige Medien, sind dort als «ausländische Agenten»
gebrandmarkt. Die Regelung wird international als politisch
motivierte Maßnahme kritisiert, die darauf abzielt, Kremlkritiker zu
stigmatisieren und mundtot zu machen.

Ex-Sowjetrepublik Georgien weiter unter Druck Moskaus

Georgien mit seinen etwa 3,7 Millionen Einwohnern steht auch viele
Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion unter dem Druck und dem
Einfluss seines großen Nachbarn Russland. Moskau führte 2008 Krieg
gegen das kleine Land am Schwarzen Meer. Bis heute unterstützt
Russland die abgespaltenen georgischen Gebiete Südossetien und
Abchasien und hat in der Region eigene Truppen stationiert.

Die derzeitige Führung der Regierungspartei Georgischer Traum
verfolgt einen eher russlandfreundlichen Kurs. In ihrer Mehrheit
wollen die Georgier aber Umfragen zufolge, dass ihr Land Mitglied in
EU und Nato wird. Größte Oppositionspartei ist die Vereinigte
Nationale Bewegung des früheren Präsidenten Michail Saakaschwili, der
wegen Korruptionsvorwürfen inhaftiert ist.

Besuch an Verwaltungsgrenze zu abtrünnigem Gebiet Südossetien

Baerbock wollte am Nachmittag (Ortszeit) die EU-Beobachtermission
EUMM (European Union Monitoring Mission) an der Verwaltungsgrenze zum
abtrünnigen Gebiet Südossetien besuchen. Die Mission hat nach Angaben
des Auswärtigen Amtes derzeit gut 250 Angehörige, davon 28 aus
Deutschland. Das Mandat wurde im Dezember für zwei weitere Jahre
verlängert. Aufgabe der Mission ist es, nach dem Ende Kämpfe zwischen
Russland und Georgien im August 2008 die Einhaltung der
Waffenstillstandsvereinbarung zu überwachen.