EU bemüht sich nach Bankenbeben um Beruhigung der Finanzmärkte

24.03.2023 16:31

Plötzlich ist sie wieder da, die Sorge um den Bankensektor. Die
Schieflage von Banken in den USA und der Schweiz erschüttert den
Finanzmarkt. Am Freitag brach auch der Kurs von Deutschlands größter
Bank zeitweise ein. Sind Finanzinstitute in der EU wirklich sicher?

Brüssel (dpa) - Nach dem Bankenbeben in den USA und der Schweiz
bemüht sich die EU um eine Beruhigung der Finanzmärkte. «Das
Bankensystem ist stabil in Europa», sagte Bundeskanzler Olaf Scholz
am Freitag beim EU-Gipfel in Brüssel. Die europäische Bankenaufsicht
und das Finanzsystem stünden robust und stabil da und die
europäischen Banken hätten eine widerstandsfähige Kapitalausstattung.


Der französische Präsident Emmanuel Macron sagte, die Situation der
europäischen Banken sei nicht mit der Krisenbank Credit Suisse
vergleichbar. «Das Fundament ist gesund.» Eurogruppen-Chef Paschal
Donohoe sagte: «Ich bin sehr zuversichtlich, was die Liquidität und
die Widerstandsfähigkeit angeht, die unser Bankensystem aufgebaut
hat.» Die Regulierungsbehörden sowie nationale und europäische
Institutionen hätten eine sehr wichtige Rolle dabei gespielt, die
Widerstandsfähigkeit des Bankensystems zu stärken.

Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis sagte, die
Europäische Zentralbank (EZB) habe sehr gute Arbeit geleistet. «Ich
glaube, dass das Bankensystem in Europa stabil und robust ist.»

Auslöser der Bankenkrise Anfang März war die Abwicklung des auf die
Kryptobranche ausgerichteten US-Finanzkonzerns Silvergate Capital.
Ein paar Tage später wurde das auf Start-up-Finanzierungen
spezialisierte US-Geldhaus Silicon Valley Bank unter die Kontrolle
der US-Einlagensicherung FDIC gestellt und geschlossen. Weitere
kleine Banken gerieten ins Straucheln.

In Europa rutschte die Schweizer Großbank Credit Suisse nach
zahlreichen Skandalen, Kritik wegen schlechten Risikomanagements und
Geldabflüssen in dreistelliger Milliardenhöhe in die Krise. Die
Regierung und die Aufsichtsbehörden drängten die Konkurrentin UBS zur
Übernahme. An den Börsen sackten Bankenwerte infolge der Unruhe
deutlich ab, am Freitag brach der Kurs der Deutschen Bank dann
zeitweise deutlich ein.

Ist die Deutsche Bank also die neue Credit Suisse? «Es gibt keinen
Anlass, sich irgendwelche Gedanken zu machen», sagte Scholz. «Die
Deutsche Bank hat ihr Geschäftsmodell grundlegend modernisiert und
neu organisiert und ist eine sehr profitable Bank.»

Zu noch mehr Stabilität soll nach Ansicht der Staats- und
Regierungschefs die angestrebte Kapitalmarkt- und Bankenunion
beitragen. Sie wollen die Arbeit daran weiter vorantreiben. Scholz
sagte, beide seien ebenso wichtig für das Wachstum in Europa wie der
Binnenmarkt. «Sie werden möglich machen, dass mehr Kapital eingesetzt
werden kann, an der richtigen Stelle eingesetzt werden kann.»

Bei der Kapitalmarktunion geht es im Kern darum, bürokratische Hürden
zwischen den einzelnen EU-Staaten abzubauen, um so Unternehmen mehr
Möglichkeiten zu geben, sich Geld zu beschaffen. Verbraucher sollen
zudem mehr Möglichkeiten für grenzüberschreitende Geldanlagen
bekommen. Pläne der EU-Kommission für eine Kapitalmarktunion liegen
seit September 2015 auf dem Tisch, doch die Umsetzung stockt. Bei der
Bankenunion ist vor allem eine gemeinsame europäische
Einlagensicherung Edis umstritten.

Widerstände gibt es vor allem in Deutschland, wo es schon lange gut
gefüllte Töpfe für den Notfall gibt. Sparkassen und
Genossenschaftsbanken hierzulande befürchten, dass mit ihren Geldern
Schieflagen von Instituten in anderen Staaten finanziert werden.
Donohoe sagte, die Fortschritte beim Aufbau der Bankenunion müssten
nun aufrechterhalten werden.

Donohoe warnte beim EU-Gipfel zudem vor einer Ausweitung der
Inflation. Obwohl diese zuletzt gesunken sei, sei sie in der Eurozone
und manchen Volkswirtschaften weiterhin hoch. «Und es gibt Anzeichen
dafür, dass sich die Art der Inflation ändert, dass sie nun nicht
mehr nur den Energiesektor betrifft, sondern auch andere Bereiche
unserer Wirtschaft beeinflusst», sagte er. Man werde langfristig mit
der Haushaltspolitik darauf reagieren müssen.