Wenn EU-Recht Biomüll auf Reisen schickt

25.03.2023 05:00

Seit Jahren wird tonnenweise deutscher Biomüll nach Österreich zur
Verwertung gebracht. Nun soll tonnenweise Biomüll aus Vorarlberg bei
einem Unternehmen im Landkreis Ravensburg verwertet werden. Grund
dafür ist kein Fehler, sondern das europäische Vergaberecht.

Ravensburg/Lustenau (dpa) - Biomüll aus dem Landkreis Ravensburg wird
schon seit Jahren im österreichischen Lustenau verwertet. Vom
kommenden Jahr an soll der Biomüll aus Vorarlberg im Landkreis
Ravensburg verwertet werden. Der Grund für diese absurde
Konstellation ist das EU-Vergaberecht, wie sowohl der deutsche
Landkreis sowie der österreichische Gemeindeverband erklärten. Dieses
zwinge beide die Verwertung von Biomüll europaweit auszuschreiben und
sich für den Bestanbieter zu entscheiden. Das führe nun zu dem
grenzüberschreitenden Müllverkehr.

Schon seit Wochen berichten Medien über die «Biomüllposse». Rund 50

Kilometer legt der deutsche Biomüll aus dem Landkreis Ravensburg pro
Strecke nach Lustenau an der bayerisch-österreichischen Grenze
zurück, um zu Biogas zu werden. Rund 10 000 Tonnen Biomüll fallen
laut Landkreis im Jahr an. Umweltfreundlich sei der «Mülltourismus»
nicht, heißt es von Kritikern.

Obwohl mit dem Amtzeller Werk für Biogas auch ein Müllverwerter im
Landkreis liegt, hat den Zuschlag bei der Ausschreibung im Herbst
2013 nach vergaberechtlichen Regeln der EU das bessere Angebot
bekommen - also das des Konkurrenten, der in Lustenau verwertet.
Umgekehrt war es in Vorarlberg genauso - da hatte das Amtzeller Werk
das bessere Angebot gemacht.

Ab dem 1. Januar 2024 werden laut der dortigen Behörde 18 000 Tonnen
Biomüll aus dem Gemeindeverbund zu dem Verwerter im schwäbischen
Amtzell kutschiert. Von drei bis vier Fahrten pro Arbeitstag geht die
das österreichische Bundesland aus. Dass der Biomüll aus dem
Landkreis Ravensburg in Vorarlberg landet, sei bei der Ausschreibung
im Frühjahr 2022 bekannt gewesen. An den EU-Vorschriften ändere das
nichts. Alle Unternehmen im EU-Binnenmarkt seien gleich zu behandeln,
erklärte ein Sprecher im österreichischen Dornbirn.

Ein Eingriff in die abgeschlossenen Verträge sei aus
wettbewerbsrechtlichen Gründen nicht möglich, sagte die Sprecherin in
Ravensburg. Ein vor kurzem geführtes Gespräch zu Möglichkeiten eines

Austausches der jeweiligen Müllmengen zwischen den beauftragten
Firmen sei gescheitert, so die Sprecherin weiter. Biomüll sei nicht
gleich Biomüll. Der Dialog laufe weiter.