EU-Abstimmung zu zentralem Klimaschutzgesetz verschoben

17.05.2023 19:46

Brüssel (dpa) - Für ein zentrales Klimaschutzgesetz gibt es zunächst

wider Erwarten kein grünes Licht der EU-Länder. Die für Mittwoch
geplante Abstimmung auf Botschafterebene zur sogenannten
Erneuerbaren-Energien-Richtlinie sei von der Tagesordnung genommen
worden, sagte ein Sprecher der zuständigen schwedischen
Ratspräsidentschaft. Mehrere EU-Diplomaten sagten der
Deutschen Presse-Agentur, dass unter anderem Frankreich aus
taktischen Gründen dem geplanten Gesetz nicht zugestimmt habe.

Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Länder hatten sich Ende
März auf einen Kompromiss für mehr Energie aus erneuerbaren Quellen
geeinigt. Im Jahr 2030 müssen demnach 42,5 Prozent der in der EU
verbrauchten Energie aus erneuerbaren Quellen wie Wind-, Solar- oder
Wasserkraft kommen.

In der Einigung Ende März waren auch Ziele für bestimmte Bereiche wie

Industrie, Verkehr und Gebäude definiert worden. Vor allem um
die Industrievorgaben war lange zwischen den Befürwortern und Gegnern
von Atomkraft gerungen worden. Unter anderem Frankreich setzt sich
für diese Technologie ein, während sie von Staaten wie Deutschland

und Österreich kritisch gesehen wird.

Der Kompromiss sieht vor, dass Wasserstoff, der von der Industrie
verwendet wird, bis 2030 zu 42 Prozent und bis 2035 zu 60 Prozent aus
erneuerbaren Quellen stammen müssen. Länder, die einen besonders
geringen Anteil an Wasserstoff aus fossilen Brennstoffen wie Öl
und Gas verbrauchen und die Ausbauziele für Erneuerbare erreichen,

können jedoch 20 Prozent ihres Anteils an erneuerbarem Wasserstoff
durch Wasserstoff aus anderen Energiequellen ersetzen, einschließlich
Kernenergie.

Ein EU-Diplomat sagte der dpa, Frankreich wolle nun technische
Anpassungen an dem Vorhaben, um sicherzustellen, dass Atomkraft nicht
diskriminiert werde und sichergestellt sei, dass sie für die
Produktion von Industriewasserstoff genutzt werden könne. Frankreich
stelle nicht die Erneuerbare-Energien-Richtlinie an sich in Frage.

Die Blockade der bereits verhandelten neuen Regeln erinnert viele
andere EU-Diplomaten an das Vorgehen von Bundesverkehrsminister
Volker Wissing (FDP) beim EU-Verbrennerverbot. «Es ist wieder
der Wissing-Move», sagte etwa ein EU-Diplomat der dpa. Damit spielte

er auf Nachforderungen der Bundesregierung nach einer Einigung von
Unterhändlern des Europaparlaments und der EU-Staaten an. Hintergrund
war die Entscheidung, dass in der EU ab 2035 nur noch Neuwagen
verkauft werden dürfen, die im Betrieb keine Treibhausgase ausstoßen.
Eigentlich gilt die Annahme von Gesetzen nach der Kompromissfindung
durch Unterhändler als Formsache.