EU-Außenbeauftragter kritisiert indische Geschäfte mit russischem Öl

19.05.2023 15:52

Brüssel (dpa) - Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sieht den
Anstieg indischer Geschäfte mit russischem Öl kritisch. «Die Zahlen

sind eindeutig: Indiens Ölimporte aus Russland sind von 1,7 Millionen
Barrel pro Monat im Januar 2022 auf 63,3 Millionen Barrel pro Monat
im April 2023 gestiegen», schrieb der Spanier in einem am Freitag
veröffentlichten Beitrag. Indien exportiere immer größere Mengen
raffinierter Produkte, hergestellt aus russischem Öl. Der Export von
weiterverarbeiteten Öl-Produkten wie Flugzeugtreibstoff oder Diesel
aus Indien in die EU von 1,1 Millionen Barrel im Januar 2022 auf 7,4
Millionen Barrel im April 2023 gestiegen. «Logischerweise sind wir
hierüber besorgt», so Borrell.

Er betonte aber auch, dass indische Unternehmen keinen europäischen
Gesetzen unterlägen. Es sei nicht die indische Regierung, die
verantwortlich gemacht werden könne. Sobald diese Produkte
weiterverarbeitet seien, seien sie nicht mehr von den
Importbeschränkungen betroffen, die die EU im Zuge des
russischen Angriffs auf die Ukraine gegen Moskau verhängt habe.

«Aber es ist klar, dass dies in der Praxis die Wirksamkeit unserer
restriktiven Maßnahmen untergräbt», betonte Borrell. Man könne auch

nicht die Augen davor verschließen, dass EU-Unternehmen selbst die
Sanktionen umgingen, indem sie raffiniertes Öl kauften, das
ursprünglich aus Russland stamme.

Auf die Frage eines Reporters der «Financial Times» hatte
EU-Kommissionsvize Margrethe Vestager bei einem Treffen mit
Vertretern der indischen Regierung am Dienstag gesagt, man werde über

das Thema noch «unter Freunden» und «mit ausgestreckter Hand»
sprechen.

Borrell schrieb in seinem Blog-Eintrag von Freitag zudem, dass in den
vergangenen Monaten ein ungewöhnlicher Anstieg von EU-Exporten in
Drittländer beobachtet worden sei. So seien Berichten zufolge
beispielsweise die EU-Ausfuhren von Fahrzeugen nach Russland im Jahr
2022 um fast 80 Prozent zurückgegangen, während sie nach Kasachstan
um 268 Prozent gestiegen seien.