Weg mit EU-Vorschriften: London will heimische Winzer fördern

21.05.2023 11:21

Wein aus Großbritannien spielt bisher international kaum eine Rolle.
Dabei wächst die Branche beständig. Nun will die Regierung die
Produktion noch weiter ankurbeln - dem Brexit sei Dank.

London (dpa) - Mit der Aufhebung von Vorschriften aus der Zeit in der
EU will Großbritannien die heimische Weinproduktion ankurbeln. «Diese
Reformen werden die Geschäfte unserer Winzer raketenartig antreiben»,
sagte Landwirtschaftsministerin Therese Coffey. «Sie werden die
Wirtschaft ankurbeln, Arbeitsplätze schaffen und einen wichtigen Teil
unseres Lebensmittel- und Getränkesektors unterstützen.» Die
Maßnahmen sollen bis zu 180 Millionen Pfund (207 Mio Euro) für
Investitionen freisetzen, wie Coffey sagte.

Aufgehoben werden nach Regierungsangaben nun Beschränkungen, die
bisher die Herstellung neuer Verschnitte verhindern. Abfüller dürfen
zudem importierten Wein in Schaumwein umwandeln. Auch Vorschriften
für Verpackungen - wie Verschlussfolien für bestimmte Schaumweine -
werden aufgehoben, um günstigere Alternativen zu ermöglichen.

«Allzu lange wurden unsere Produzenten durch umständliche,
überkommene EU-Vorschriften zurückgehalten», sagte Coffey. «Wir geb
en
ihnen die Freiheit, die sie zum Gedeihen benötigen.» Der Chef des
Branchenverbands Wine and Spirit Trade Association, Miles Beale,
begrüßte die Neuerung. «Mit der Einführung größerer Flexibilit
ät
werden Weinproduzenten und -importeure nicht gezwungen, etwas anders
zu machen, sondern können Innovationen einführen», sagte Beale.

Die britische Weinproduktion hat zuletzt deutlich zugelegt. So teilte
Chapel Down, einer der größten Produzenten mit, die Verkäufe hätten

2022 um mehr als 50 Prozent auf den Rekordwert von 790 000 Flaschen
zugenommen. Nach Branchenangaben wuchs die Anbaufläche in den
vergangenen fünf Jahren um 70 Prozent. Produziert werden vor allem
Weiß- und Schaumweine. Die Anbaugebiete liegen vor allem in
Südengland, wo wegen des Golfstroms mildes Klima herrscht. Die
wichtigsten Exportländer sind Norwegen, die USA, Kanada und
Australien. Im Vergleich zu traditionellen Weinländern wie Italien,
Frankreich oder Deutschland hinkt Großbritannien aber weit hinterher.

Die konservative Regierung hat angekündigt, zum Jahresende zahlreiche
Gesetze auslaufen zu lassen, die noch aus der Zeit in der EU stammen.
Statt der anfangs angekündigten 4000 Gesetze sollen nun aber nur noch
etwa 600 betroffen sein. Konservative Hardliner werfen
Premierminister Rishi Sunak vor, den Brexit zu «verraten». Experten
betonen aber, ansonsten drohten Lücken etwa beim Arbeitsrecht und dem
Verbraucherschutz.