Jubiläum in schwierigen Zeiten: EZB entschlossen gegen hohe Inflation

24.05.2023 12:56

Ihre wichtigste Aufgabe ist ein stabiler Euro. Zum 25. Jubiläum der
Europäischen Zentralbank zeigen sich die Währungshüter entschlossen
im Kampf gegen die aktuell hartnäckig hohe Inflation.

Frankfurt/Main (dpa) - EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat zum
25-jährigen Bestehen der Notenbank die Entschlossenheit der
Euro-Währungshüter im Kampf gegen die aktuell hohe Teuerung betont.
«Nach Jahren zu niedriger Inflation ist sie nun zu hoch und dürfte zu
lange zu hoch bleiben», schreibt Lagarde in einem Beitrag, der nach
Angaben der Europäischen Zentralbank am Mittwoch in Zeitungen aller
20 Euroländer veröffentlicht wurde. «Aber wir werden die Inflation zu

unserem Ziel von mittelfristig zwei Prozent zurückführen. Aus diesem
Grund haben wir die Zinssätze in Rekordzeit erhöht, werden sie auf
ein ausreichend restriktives Niveau anheben und dort so lange wie
notwendig belassen.»

Bei einem Festakt am Mittwochabend wollten führende Politiker auf 25
Jahre Arbeit der politisch unabhängigen Notenbank zurückblicken.
Erwartet wurden dazu in den Räumlichkeiten der EZB in Frankfurt unter
anderen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), EU-Kommissionspräsidentin
Ursula von der Leyen, die Präsidentin des EU-Parlaments, Roberta
Metsola, und EU-Ratspräsident Charles Michel.

Die EZB nahm am 1. Juni 1998 ihre Arbeit auf. Am 1. Januar 1999
begann dann für 11 der damals 15 Mitgliedstaaten der Europäischen
Union das Euro-Zeitalter: Die europäische Gemeinschaftswährung wurde
zunächst elektronisch als Verrechnungswährung genutzt neben D-Mark,
Lira, Schilling und Co. Am 1. Januar 2002 verschwanden diese
nationalen Währungen, der Euro wurde in Schein und Münze in Umlauf
gebracht. Heute ist die Gemeinschaftswährung für mehr als 346
Millionen Menschen in 20 EU-Staaten offizielles Zahlungsmittel.

Oberste Aufgabe der EZB: ein stabiler Euro. Erreicht sieht die
Zentralbank ihr Ziel stabiler Preise nach jüngster Definition
mittelfristig bei einer Teuerungsrate von zwei Prozent im Euroraum.

Wegen der seit Monaten hartnäckig hohen Inflation haben die
Währungshüter nach Jahren mit Null- und Negativzinsen die Zinsen seit
Juli 2022 in einer beispiellosen Serie sieben Mal in Folge angehoben.
Der Leitzins im Euroraum liegt mittlerweile bei 3,75 Prozent.

Lagarde hatte nach der jüngsten Zinserhöhung Anfang Mai klargestellt,
dass die EZB damit noch nicht am Ende sei: «Wir wissen, dass wir noch
Boden gutzumachen haben.» Bundesbank-Präsident Joachim Nagel
bekräftigte am Dienstagabend in einer Rede, aus seiner Sicht seien
«noch mehrere Zinsschritte erforderlich», um die Inflation nachhaltig
in den Griff zu bekommen. Höhere Zinsen verteuern Kredite, was die
Nachfrage bremsen und hohen Teuerungsraten entgegenwirken kann.

Der ehemalige EZB-Präsident Jean-Claude Trichet rechnet damit, dass
die Notenbank weiterhin mit höheren Teuerungsraten zu kämpfen haben
wird. «Ich sehe drei Gründe für einen längerfristig höheren
Inflationsdruck», sagte Trichet dem «Handelsblatt» (Mittwoch):
«Erstens wird die Globalisierung nicht mehr für niedrigere Kosten und
Preise sorgen wie in den vergangenen zehn Jahren.» Der zweite Grund
sei «die wachsende Ungleichheit», der dritte die Notwendigkeit, die
Wirtschaft klimafreundlicher zu gestalten.

Lagarde schreibt: «In einer von Unsicherheit geprägten Welt hat sich
die Europäische Zentralbank bislang als verlässlicher
Stabilitätsanker erwiesen und wird dies auch in Zukunft sein.»

Verlässlich sollen auch die Euro-Scheine sein und bleiben. «Wir
arbeiten an der Ausgabe einer neuen Serie von Hightech-Banknoten, um
Fälschungen zu verhindern und die Umweltauswirkungen zu verringern»,
sagte EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta der französischen
Tageszeitung «Les Echos» (Mittwoch). Zur Gestaltung der neuen
Geldscheine sagte Panetta, er «würde es begrüßen, wenn berühmte
Europäer auf unseren künftigen Banknoten vertreten wären».

Die EZB hatte im Dezember 2021 angekündigt, sie werde die Bevölkerung
in den Prozess der Neugestaltung der Geldscheine einbeziehen. Nach
damaligen Angaben will der EZB-Rat 2024 über die Herstellung neuer
Banknoten entscheiden und darüber, wann diese in Umlauf gebracht
werden könnten.

Panetta betonte, die parallelen Arbeiten an einer digitalen Version
der Gemeinschaftswährung bedeuteten nicht den Abgesang auf das
Bargeld. «Wir werden den Bürgerinnen und Bürgern so lange Banknoten
zur Verfügung stellen, wie es eine Nachfrage danach gibt.» Es sei
jedoch vorstellbar, dass die Digitalisierung dazu führen könnte, dass
Bargeld an den Rand gedrängt werde. «Deshalb brauchen wir einen
digitalen Euro.»

Im Oktober werde der EZB-Rat entscheiden, ob eine Vorbereitungsphase
zur Entwicklung und Erprobung des digitalen Euro eingeleitet werden
soll, sagte Panetta. «Diese Phase könnte zwei oder drei Jahre dauern.
Wenn der EZB-Rat und die europäischen Gesetzgeber - Mitgliedstaaten
und Mitglieder des Europäischen Parlaments - zustimmen, könnten wir
den digitalen Euro in drei oder vier Jahren einführen.»