EZB betont zum 25. Jubiläum Entschlossenheit gegen hohe Inflation

24.05.2023 21:02

Jubiläum in schwierigen Zeiten: Die hartnäckig hohe Teuerung fordert
die Euro-Währungshüter heraus. Doch die Notenbanker lassen keine
Zweifel an der Stabilität der Gemeinschaftswährung aufkommen.

Frankfurt/Main (dpa) - EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat zum
25-jährigen Bestehen der Notenbank die Entschlossenheit der
Euro-Währungshüter im Kampf gegen die aktuell hohe Teuerung betont
und zu weiteren Einigungsschritten in Europa aufgerufen. «Mit einer
Währungsunion ist es nicht getan - es gilt, den Einigungsprozess
stetig fortzusetzen», sagte Lagarde am Mittwochabend zur Eröffnung
eines Festaktes in Frankfurt. «Die Union sollte vielschichtig sein
und im Sinne einer stärkeren Integration auch den Fiskal-, Finanz-
und den Bankenbereich umfassen, vor allem wenn der Euro seinen Status
als internationale Währung festigen soll.»

Lagarde begrüßte zu dem Festakt in der EZB-Zentrale unter anderen
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), EU-Kommissionspräsidentin Ursula von
der Leyen, die Präsidentin des EU-Parlaments, Roberta Metsola, und
EU-Ratspräsident Charles Michel. Auch die früheren EZB-Präsidenten
Jean-Claude Trichet und Mario Draghi waren gekommen. Der erste
Präsident der gemeinsamen Notenbank, Wim Duisenberg, verstarb 2005.

Lagarde versicherte, die EZB werde ihre vorrangige Aufgabe eines
stabilen Euro erfüllen und die Inflation «zeitnah» auf ihr
mittelfristiges Zwei-Prozent-Ziel zurückzuführen. In einem Beitrag,
der am Mittwoch in Zeitungen aller 20 Euroländer veröffentlicht
wurde, schrieb Lagarde, die Teuerung sei derzeit «zu hoch und dürfte
zu lange zu hoch bleiben». Die EZB habe daher «die Zinssätze in
Rekordzeit erhöht» und werde sie «auf ein ausreichend restriktives
Niveau anheben und dort so lange wie notwendig belassen».

Wegen der seit Monaten hartnäckig hohen Inflation, die Unternehmen
wie Verbraucher belastet, haben die Währungshüter nach Jahren mit
Null- und Negativzinsen die Zinsen seit Juli 2022 in einer
beispiellosen Serie sieben Mal in Folge angehoben. Der Leitzins im
Euroraum liegt mittlerweile bei 3,75 Prozent.

Die EZB nahm am 1. Juni 1998 ihre Arbeit auf. Am 1. Januar 1999
begann dann für 11 der damals 15 Mitgliedstaaten der Europäischen
Union das Euro-Zeitalter: Die europäische Gemeinschaftswährung wurde
zunächst elektronisch als Verrechnungswährung genutzt neben D-Mark,
Lira, Schilling und Co. Am 1. Januar 2002 verschwanden diese
nationalen Währungen, der Euro wurde in Schein und Münze in Umlauf
gebracht. Seit dem Beitritt Kroatiens am 1. Januar 2023 ist die
Gemeinschaftswährung nun für mehr als 346 Millionen Menschen in 20
EU-Staaten offizielles Zahlungsmittel.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte bei dem Festakt, er sei
zuversichtlich, dass weitere Länder dem Euroraum beitreten werden.
«Der Euro hat sich als eines der erfolgreichsten europäischen
Integrationsprojekte erwiesen.» Die EZB sei ein «Anker für Stabilit
ät
im Euroraum», er unterstütze die Bemühungen der Notenbank im Kampf
gegen die hohe Inflation «voll und ganz», sagte der Kanzler.

Lagarde hatte nach der jüngsten Zinserhöhung Anfang Mai klargestellt,
dass die EZB damit noch nicht am Ende sei: «Wir wissen, dass wir noch
Boden gutzumachen haben.» Bundesbank-Präsident Joachim Nagel
bekräftigte am Dienstagabend in einer Rede, aus seiner Sicht seien
«noch mehrere Zinsschritte erforderlich», um die Inflation nachhaltig
in den Griff zu bekommen. Höhere Zinsen verteuern Kredite, was die
Nachfrage bremsen und hohen Teuerungsraten entgegenwirken kann.

Der ehemalige EZB-Präsident Trichet rechnet damit, dass die Notenbank
weiterhin mit höheren Teuerungsraten zu kämpfen haben wird. Er sehe
drei Gründe für einen «längerfristig höheren Inflationsdruck»,
sagte
Trichet dem «Handelsblatt»: «Erstens wird die Globalisierung nicht
mehr für niedrigere Kosten und Preise sorgen wie in den vergangenen
zehn Jahren.» Dazu komme «wachsende Ungleichheit» und die
Notwendigkeit, die Wirtschaft klimafreundlicher zu gestalten.

Verlässlich sollen auch die Euro-Scheine sein und bleiben. «Wir
arbeiten an der Ausgabe einer neuen Serie von Hightech-Banknoten, um
Fälschungen zu verhindern und die Umweltauswirkungen zu verringern»,
sagte EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta der französischen
Tageszeitung «Les Echos». Die EZB hatte im Dezember 2021 angekündigt,

sie werde die Bevölkerung in den Prozess der Neugestaltung der
Geldscheine einbeziehen. Nach damaligen Angaben will der EZB-Rat 2024
über die Herstellung neuer Banknoten entscheiden und darüber, wann
diese in Umlauf gebracht werden könnten.

Panetta betonte, die parallelen Arbeiten an einem digitalen Euro
bedeuteten nicht den Abgesang auf das Bargeld. «Wir werden den
Bürgerinnen und Bürgern so lange Banknoten zur Verfügung stellen, wie

es eine Nachfrage danach gibt.» Die EZB rechne im Juni mit einem
Gesetzesvorschlag der EU-Kommission, dieser werde den Rechtsrahmen
für den digitalen Euro bilden. Im Oktober werde der EZB-Rat dann
entscheiden, ob eine Vorbereitungsphase zur Entwicklung und Erprobung
des digitalen Euro eingeleitet werden soll. «Diese Phase könnte zwei
oder drei Jahre dauern. Wenn der EZB-Rat und die europäischen
Gesetzgeber - Mitgliedstaaten und Mitglieder des Europäischen
Parlaments - zustimmen, könnten wir den digitalen Euro in drei oder
vier Jahren einführen», sagte Panetta.