Experten geben Empfehlungen für neue Ostsee-Strategie des Landes

25.05.2023 17:00

Einst pflegte Mecklenburg-Vorpommern innige Verbindungen nach
Russland. Nach Putins Überfall auf die Ukraine orientiert sich
Schwerin um. Nun will das Land die Beziehungen zu den demokratischen
Ostsee-Anrainern ausbauen. Eine Kommission legt jetzt Vorschläge vor.

Greifswald (dpa/mv) - Die Schulen internationaler ausrichten, mehr
englischsprachige Studiengänge mit Partnern aus Ostsee-Ländern
einführen, im Wasserstoffsektor gemeinsam vorgehen - das sind einige
der 54 Vorschläge einer Expertenkommission für die künftige
Zusammenarbeit Mecklenburg-Vorpommerns im demokratischen Ostseeraum -
also ohne Russland. Der vor einem Jahr von der Landesregierung
eingesetzte «MV Kooperationsrat demokratischer Ostseeraum» übergab
seine Handlungsempfehlungen am Donnerstag in Greifswald an
Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD).

In der Kommission sitzen 29 Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft,
Kultur, Bildung, Jugend, Sport und Gesellschaft. Sie sollen das Thema
unter Leitung von Europaministerin Bettina Martin (SPD) auch weiter
begleiten.

Schwesig dankte dem Gremium. «Die Landesregierung will die
Zusammenarbeit im demokratischen Ostseeraum in den kommenden Jahren
weiter verstärken», erklärte sie. «Der Bericht des Kooperationsrats

zeigt die Felder auf, auf denen wir noch enger zusammenarbeiten
können: Wirtschaft und Arbeit, Ausbau der erneuerbaren Energien,
Klima- und Umweltschutz, Bergung von Munitionsaltlasten.»

Der große Wert des Berichts liege darin, dass er viele wirklich
konkrete Vorschläge enthalte. «Dazu gehört zum Beispiel die Idee,
Ostseetage mit einem vielfältigen Programm aus Kultur, Wissenschaft,
Wirtschaft und Begegnungsformaten zu veranstalten.» Die
Expertengruppe schlägt in ihrem 33-seitigen Papier auch vor, einen
Preis der Landesregierung für besonderes Engagement und herausragende
Projekte in der Ostseekooperation auszuloben. So sollen Engagement
und erfolgreichen Aktivitäten sichtbarer werden.

Eine weitere Empfehlung lautet, die gemeinsamen Interessen des
Ostseeraums bei der EU in Brüssel gut zu kommunizieren und für sie zu
werben. Zudem sind die Experten der Auffassung, dass neben den
EU-Ostseeanrainern auch Norwegen einbezogen werden sollte. Das
Königreich Norwegen ist nicht EU-Mitglied, pflegt aber den Angaben
zufolge vielfältige Beziehungen zu MV.

«Die Ostseezusammenarbeit steht als Staatsziel in unserer
Landesverfassung», betonte Schwesig. Martin erläuterte: «Im
demokratischen Ostseeraum stehen wir vor großen Zukunftsaufgaben, die
wir nur gemeinsam lösen können.» Als ein Beispiel nannte sie den
Klimaschutz und den Umstieg auf Erneuerbare Energien. «Wir verstehen
uns als deutsches Tor zur Ostsee, und das stoßen wir jetzt noch
weiter auf.» Der jetzt vorgelegte Bericht sei eine gute Grundlage für
die Landesregierung und zugleich eine Einladung an all jene im Land,
die mehr Austausch und Zusammenarbeit im Ostseeraum wollen.

Bis zu Putins Überfall auf die Ukraine hat Mecklenburg-Vorpommern
intensive Beziehungen zu Russland gepflegt. Regelmäßig wurden
Russland-Tage für die Wirtschaft ausgerichtet und ein großzügig vom
Land finanzierter Verein kümmerte sich um Jugendaustausch. Nach
Kriegsbeginn im Februar 2022 begann die Landesregierung mit einer
Umorientierung.