Experte: EU-Türkei-Abkommen wichtigste Frage der Migrationspolitik
13.09.2023 02:01
Berlin (dpa) - Für den Migrationsexperten Gerald Knaus ist ein neues
Flüchtlingsabkommen mit der Türkei die wichtigste Frage der deutschen
Migrationspolitik in naher Zukunft. «Wie 2015/16 gibt es ein Land,
das die absolute Schlüsselfunktion für die Migration nach Deutschland
hat: die Türkei», sagte der Österreicher, der den Thinktank
Europäische Stabilitätsinitiative leitet, den Zeitungen der
Mediengruppe Bayern (Mittwoch). «Ein erneuertes Abkommen mit der
Türkei ist und bleibt und wird immer mehr die bedeutendste Frage für
die deutsche Migrationspolitik des nächsten Jahres», sagte Knaus.
Zwischen der Türkei und der EU war 2016 ein Flüchtlingspakt
unterzeichnet worden, indem Ankara zusagte, gegen irreguläre
Migration vorzugehen. Die EU soll diesem zufolge zudem Flüchtlinge
und Migranten, die illegal über die Türkei auf die griechischen
Inseln kommen, zurückschicken können.
Angesichts einer zuletzt stark steigenden Zahl an Migranten, die von
der Türkei irregulär nach Griechenland gelangen wollen, sagte Knaus,
das EU-Türkei-Abkommen sei dysfunktional. «Die EU-Türkei-Erklärung
von 2016 funktioniert seit 2020 überhaupt nicht mehr.»
Die griechischen Behörden hätten Migranten seit März 2020 illegal in
die Türkei zurückgeschoben, die Türkei wiederum habe ihren Teil der
Abmachung aufgekündigt und seitdem niemanden mehr zurückgenommen.
«Seit einigen Wochen haben die Pushbacks jedoch stark abgenommen. Das
ist natürlich positiv. Aber jetzt steigen die Zahlen wieder stark»,
sagte Knaus. «Die Bundesregierung müsste in den nächsten Wochen mit
Griechenland zusammen auf die Türkei zugehen, um das Abkommen zu
erneuern.»