Zehnte Erhöhung in Folge: EZB hebt Leitzins auf 4,5 Prozent

14.09.2023 14:52

Die Euro-Währungshüter lassen sich von der Konjunkturschwäche nicht
bremsen. Sie legen im Kampf gegen die Inflation erneut nach.

Frankfurt/Main (dpa) - Die schwächelnde Konjunktur unterbricht die
Serie von Zinserhöhungen im Euroraum vorerst nicht: Die Europäische
Zentralbank (EZB) hebt den Leitzins um weitere 0,25 Punkte auf 4,5
Prozent an. Der EZB-Rat beschloss damit am Donnerstag die zehnte
Zinserhöhung in Folge seit Juli 2022.

So hoch war der Zins, zu dem sich Banken frisches Geld bei der EZB
besorgen können, zuletzt im August 2001. Der Einlagenzins, den Banken
für geparkte Gelder bei der EZB erhalten, erreicht mit nun 4,0
Prozent sogar das höchste Niveau seit Bestehen der Währungsunion
1999. Sparerinnen und Sparer dürfen auf bessere Angebote von Banken
und Sparkassen hoffen. Kredite könnten sich dagegen weiter verteuern.

Zinsgipfel erreicht?

Mit der Entscheidung vom Donnerstag könnte die EZB ihren Zinsgipfel
erreicht haben. In der EZB-Mitteilung heißt es: «Auf Grundlage seiner
aktuellen Beurteilung ist der EZB-Rat der Auffassung, dass die
EZB-Leitzinsen ein Niveau erreicht haben, das - wenn es lange genug
aufrechterhalten wird - einen erheblichen Beitrag zu einer zeitnahen
Rückkehr der Inflation auf den Zielwert leisten wird.»

Mittelfristig strebt die EZB eine Inflationsrate von 2,0 Prozent an.
Bei diesem Niveau sehen die Währungshüter Preisstabilität gewahrt.
Doch von dieser Zielmarke ist die Teuerung weit entfernt. Im August
schwächte sich der Anstieg der Verbraucherpreise im Währungsraum der
20 Länder nicht weiter ab. Die jährliche Inflationsrate verharrte
einer ersten Schätzung des Statistikamtes Eurostat zufolge bei 5,3
Prozent.

EZB-Prognose: Hohe Inflation geht langsamer zurück

Die Notenbank rechnet damit, dass die Inflation langsamer zurückgehen
wird als noch vor drei Monaten erwartet. Für dieses Jahr rechnet die
EZB nun mit einer Teuerungsrate von 5,6 Prozent. In ihrer
Juni-Prognose war sie von 5,4 Prozent ausgegangen. Für 2024 sagt die
Notenbank ebenfalls eine höhere Teuerungsrate von 3,2 (Juni: 3,0)
Prozent voraus. 2025 wird eine etwas niedrigere Rate von 2,1 (2,2)
Prozent erwartet.

Mit der beispiellosen Serie von Zinserhöhungen versucht die EZB, die
hartnäckig hohe Inflation in den Griff zu bekommen. Höhere Zinsen
verteuern Kredite. Das kann die Nachfrage bremsen und hohen
Teuerungsraten entgegenwirken. Weil teurere Kredite zugleich eine
Last für die Wirtschaft sind, waren zuletzt Forderungen nach einer
Zinspause lauter geworden.

Konjunkturschwäche im Euroraum

Die Wirtschaft im Euroraum wird nach der neuesten EZB-Vorhersage in
diesem Jahr um 0,7 Prozent wachsen und damit etwas weniger als die im
Juni vorhergesagten 0,9 Prozent. Auch die Aussichten für das kommende
Jahr sind mit 1,0 (Juni-Prognose: 1,5) Prozent gedämpfter.

Die Inflation bremst den privaten Konsum als wichtige Stütze der
Konjunktur, weil die Menschen sich für ihr Geld weniger leisten
können. Die jüngsten Daten zeigten, «wie hartnäckig das Biest
Inflation» sei, hatte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel kürzlich dem

«Handelsblatt» gesagt. «Wir sind zwar ein gutes Stück bei der
Inflationsbekämpfung vorangekommen. Unseren Zielwert für die
Inflation haben wir aber längst noch nicht erreicht.»

Immerhin gab es in den jüngsten Inflationsdaten einen
Hoffnungsschimmer: Die Kernteuerung im Euroraum - das ist die Rate
ohne schwankungsanfällige Preise für Güter wie Energie und
Lebensmittel - ging von 5,5 Prozent im Juli auf 5,3 Prozent im August
zurück. Bei der Kernteuerung erwartet die EZB für das Gesamtjahr 2023
einen Wert von 5,1 Prozent und 2,9 Prozent im Jahr 2024.