Erdogan: Türkei und EU könnten auch getrennte Wege gehen

16.09.2023 17:09

Istanbul (dpa) - Die Türkei könnte sich nach Aussage von Präsident
Recep Tayyip Erdogan von der EU entfernen. «Die Europäische Union ist
bemüht, sich von der Türkei loszulösen. Wir werden diese Entwicklung

unsererseits bewerten und, falls nötig, getrennte Wege von der EU
gehen», sagte Erdogan am Samstag vor Journalisten in Istanbul, ohne
dies vor seinem Abflug zur UN-Vollversammlung in New York weiter
auszuführen.

Hintergrund der Äußerungen schien der jüngste Bericht des
Europäischen Parlaments, in dem die Abgeordneten mit Blick auf einen
möglichen EU-Beitritt der Türkei erneut ihre Bedenken vorbrachten
angesichts rechtsstaatlicher Defizite in dem Land. Der
Beitrittsprozess könnte «unter den aktuellen Umständen» nicht
wiederaufgenommen werden, hieß es darin.

Die EU hatte 2005 Beitrittsgespräche mit der Türkei begonnen. Diese
liegen allerdings seit Jahren auf Eis, weil Brüssel inakzeptable
Entwicklungen im Bereich der Rechtsstaatlichkeit sieht. Seit dem
Umbau in ein Präsidialsystem 2018 hat Erdogan weitreichende
Vollmachten. Parlament und Institutionen sind geschwächt.

Direkt nach seiner Wiederwahl im Mai hatte Erdogan eine
Wiederbelebung des EU-Beitrittsprozesses gefordert. Die Türkei
benötigt angesichts einer massiven Inflation und dem Wiederaufbau in
der Erdbebenregion Investitionen aus dem Westen. Auch der türkische
Außenminister Hakan Fidan hatte sich Anfang September für eine
Beschleunigung des Prozesses ausgesprochen.

Den Bericht aus Brüssel wies das türkische Außenministerium als
«haltlos» und «auf Desinformation basierend» zurück.