Von der Leyen reist nach Ankunft Tausender Migranten nach Lampedusa
17.09.2023 04:57
Nach der Ankunft von Tausenden Migranten ist Lampedusa überlastet.
Italiens Regierungschefin fordert Antworten von der EU. Sie fordert
eine gemeinsame Mission. Aus Brüssel wird nun hoher Besuch auf der
kleinen Insel erwartet.
Lampedusa/Rom (dpa) - Nach der Ankunft mehrerer Tausend
Bootsmigranten besucht EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
am Sonntag die kleine Mittelmeerinsel Lampedusa. Begleitet wird sie
von Italiens rechter Regierungschefin Giorgia Meloni. Sie lud von der
Leyen nach Lampedusa ein, «um sich persönlich den Ernst der Lage, in
der wir uns befinden, bewusst zu machen», so Meloni. Sie fordert eine
europäische Mission, um Migrantenboote auf dem Weg nach Europa zu
stoppen. Falls nötig müsse die Marine eingesetzt werden, sagte sie in
einer Videobotschaft. Eine solche Mission müsse «sofort» starten.
Seit Wochenbeginn haben mehrere Tausend Bootsmigranten die kleine
Insel zwischen Sizilien und Nordafrika erreicht. Allein am Dienstag
kamen mehr als 5000 Menschen an - so viele wie noch nie an einem
einzigen Tag. Zeitweise war das kleine Erstaufnahmelager mit rund
6800 Menschen maßlos überfüllt. Wegen der Nähe zur tunesischen
Küstenstadt Sfax gehört Lampedusa seit Jahren zu den Brennpunkten der
Migration nach Europa. Der Stadtrat rief angesichts der Lage den
Notstand aus. «Der Migrationsdruck, den Italien seit Anfang dieses
Jahres erlebt, ist unhaltbar», sagte Meloni. Die Regierungschefin
pocht daher auf ein Eingreifen der EU.
Erst vor zwei Monaten waren sie und von der Leyen gemeinsam in
Tunesien gewesen, um mit dem nordafrikanischen Land einen Deal
auszuhandeln. Als eines der wichtigsten Transitländer für Migranten
auf dem Weg nach Europa sollte Tunesien im Gegenzug für
millionenschwere Finanzhilfen künftig stärker gegen Schlepper und
illegale Überfahrten vorgehen. So sollen die Abfahrten von Menschen
übers Mittelmeer reduziert werden. Das geplante Abkommen sorgte wegen
der Lage der Migranten in Tunesien auch für Kritik.
Aktuell verzeichnet Lampedusa Ankunftszahlen in Rekordhöhe. Meloni
steht deswegen innenpolitisch unter Druck und sucht eilig nach
Lösungen. Sie habe deswegen auch den Präsidenten des Europäischen
Rats, Charles Michel, gebeten, das Migrationsthema auf die
Tagesordnung des EU-Gipfels im Oktober zu setzen. Nach Melonis
Vorstellung sollen die Menschen bereits in Nordafrika vom Ablegen
abgehalten werden.
Angesichts der Lage auf Lampedusa beriet sich Bundesinnenministerin
Nancy Faeser (SPD) mit ihren Amtskollegen aus Italien, Frankreich und
Spanien am Samstagnachmittag bei einer Telefonkonferenz. Die
Telefonkonferenz, an der auch die EU-Innenkommissarin Ylva Johansson
teilnahm, brachte jedoch kein konkretes Ergebnis, teilte ein Sprecher
des Bundesinnenministeriums auf Anfrage mit.
Faeser habe betont, «dass sich Deutschland immer solidarisch gezeigt
hat und dies auch weiter tun wird». Außerdem habe sie humanitäre
Unterstützung Deutschlands angeboten. Italiens Innenminister Matteo
Piantedosi forderte laut Mitteilung, eine «neue operative Strategie»,
die darauf abziele, konkrete Initiativen zu ergreifen, um die
Überfahrten zu stoppen. Man habe zudem den Wunsch zum Ausdruck
gebracht, das «Migrationsproblem konkret und operativ anzugehen».
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bekräftigte in einem Telefonat
mit Meloni Frankreichs Solidarität mit Italien angesichts der Lage
auf Lampedusa. Wie der Élyséepalast mitteilte, hätten beide die
Notwendigkeit einer humanitären Herangehensweise und einer
verstärkten Zusammenarbeit auf EU-Ebene betont. Frankreichs
Innenminister Gérald Darmanin werde in den nächsten Tagen zu
Beratungen nach Italien reisen.