Habeck sieht Grüne bei Nationalpark Ostsee auf richtigem Weg
24.09.2023 11:05
Trotz Widerstands des Koalitionspartners CDU: Die Grünen kämpfen
weiter für einen Nationalpark Ostsee. Umweltminister Tobias
Goldschmidt erhält dabei prominente Unterstützung aus Berlin.
Neumünster (dpa/lno) - Geschlossen kämpfen Schleswig-Holsteins weiter
für einen Nationalpark Ostsee. Einstimmig beschlossen sie am Samstag
auf einem Landesparteitag in Neumünster einen Antrag, der in einem
solchen Projekt das beste Mittel für den Schutz des Meeres sieht.
«Wir sind nicht an dem Punkt, wo wir uns von der Nationalpark-Idee
verabschieden müssen», sagte Umweltminister Tobias Goldschmidt
(Grüne).
Zuvor hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vor den
rund 100 Delegierten für einen Nationalpark geworben. Die Probleme,
die ein Nationalpark nach sich ziehen könne, seien lösbar, sagte der
frühere schleswig-holsteinische Umweltminister. «Warum sollte das,
was für den Tourismus und die Wirtschaft an der Westküste gut ist,
nicht auch für die Ostseeküste gut sein.» Der Landesverband sei «au
f
dem richtigen Weg».
Die vorgebrachten Gegenargumente erinnerten ihn an die Debatte vor
Einrichtung des Nationalparks Wattenmeer - Natur werde gegen
Tourismus, gegen Wertschöpfung und gegen Fischerei ausgespielt, sagte
Habeck. Es werde argumentiert, dass der Schutz von Umwelt und Natur
ein Nachteil für die Wirtschaft, für den Tourismus oder für den
Freizeitsport sein könne. «Das hatten wir doch schon alles.» Der
Nationalpark Wattenmeer habe sich komplett anders entwickelt. «Heute
ist das ein glücklicher Vorfall.» Hotels auf den Nordseeinseln Sylt,
Amrum und Föhr würden heute dafür werben, dass sie im Nationalpark
lägen.
Trotz massiven Widerstands des Koalitionspartners CDU gab sich der
aktuelle Umweltminister Goldschmidt kämpferisch. Er werde weiter für
das Thema streiten: «Wir Grüne bestaunen die Probleme nicht wie
andere.»
Dem Meer werde nicht mehr erlaubt, sich zu erholen. «Schutzgebiete,
nutzungsfreie Räume sind nichts anders als das Immunsystem der
Meere.» Seiner Partei sei es nicht egal, dass sich Schweinswale in
Geisternetzen verhedderten oder keine Fische mehr als Nahrung fänden.
«Der Nationalpark steht für das Anpacken der Probleme.»
Die Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft Ökologie, Sina Clorius,
nannte einen Nationalpark zwar «die beste Lösung». Aber: «Von uns a
us
können das auch mehrere Naturschutzgebiete sein.» Das müssten dann
aber Nullnutzungszonen sein.
Die Co-Landesvorsitzende Anke Erdmann räumte ein, dass es bei dem
Thema in der Koalition «im Karton gerappelt» habe. «Wir haben in den
letzten Monaten viele laute Nein-Stimmen gehört, aber wir hören auch
auf die vielen leiseren Stimmen.» Ein Nationalpark könne
«Sympathiebooster für den Tourismus» werden. Alle wollten mehr
Meeresschutz. «Da nehmen wir auch die Union beim Wort, am Ende zählen
effektive Maßnahmen.»
Die stellvertretende Landtags-Fraktionschefin Silke Backsen betonte:
«Wir brauchen endlich verbindlichen und besseren Schutz für unsere
Ostsee.»
Der Widerstand beim Koalitionspartner Union ist aber immens. Mehrere
Kreisverbände und der Landesvorstand um den Landesvorsitzenden und
Ministerpräsidenten Daniel Günther sprechen sich in einem Antrag für
den Landesparteitag am 5. Oktober klar gegen einen Nationalpark
Ostsee aus. Sie wollen den schlechten Zustand des Meeres stattdessen
mit Hilfe von freiwilligen Vereinbarungen sowie Steinriffen und
Seegraswiesen verbessern.
Während des Konsultationsprozesses hatten sich vor allem
Tourismusunternehmen und -verbände, aber auch viele Kommunen an der
Küste gegen einen Nationalpark positioniert. Sie befürchten
Einschränkungen zum Beispiel für den Wassersport. Unterstützung für
einen Nationalpark kam von Umweltverbänden.
Zudem sprach sich die Partei für eine Reform der Schuldenbremse aus.
Uns geht es nicht um eine ersatzlose Streichung der Schuldenbremse.
Die Grünen wollen die Aufnahme von Krediten ermöglichen, um die
Klimaziele zu erreichen und Artenschutzprogramme auf den Weg zu
bringen. Damit sollten notwendige Maßnahmen zur Klimaanpassung
umgesetzt und ein Digitalisierungsfonds aufgelegt werden. Thema in
Neumünster war auch die Europawahl 2024. 97 Prozent der 100 bei der
Abstimmung anwesenden Delegierten votierten für Rasmus Andresen als
Kandidaten für die Europawahl aus dem Norden.