Baerbock warnt vor Krisenverordnung bei EU-Asylreform

24.09.2023 14:33

Berlin (dpa) - Außenministerin Annalena Baerbock hat bei der Reform
der europäischen Migrationspolitik vor der Einführung der sogenannten
Krisenverordnung gewarnt. «Statt geordneter Verfahren würde
insbesondere das große Ermessen, dass die aktuelle Krisenverordnung
für den Krisenfall einräumt, de facto wieder Anreize für eine
Weiterleitung großer Zahlen unregistrierter Flüchtlinge nach
Deutschland setzen», schrieb die Grünen-Politikern am Sonntag auf X
(ehemals Twitter). «Das kann die Bundesregierung nicht verantworten.»
Ähnlich äußerte sich Baerbock bei «Bild».

Hintergrund sind die laufenden Verhandlungen zum Gemeinsamen
Europäischen Asylsystem, mit dem unter anderem irreguläre Migration
in die Staatengemeinschaft begrenzt werden soll. Ein möglicher
zusätzlicher Bestandteil könnte die Krisenverordnung sein, die in dem
Fall einer besonders großen Zahl von Flüchtlingen - wie etwa 2015 -
sehr flexible Maßnahmen zulassen würde. Diese könnten dann je nach
Anwendung in den betroffenen Staaten an den EU-Außengrenzen zu mehr
Abweisungen, aber auch zu mehr Durchleitungen von Flüchtlingen in
Staaten wie Deutschland führen.

Bisher hatte Bundesregierung vor allem befürchtet, dass die Standards
etwa bei Unterbringung und Versorgung von Schutzsuchenden im Fall
einer Anwendung der Krisenverordnung zu sehr abgesenkt werden
könnten. Nun hat Baerbock auch Bedenken, dass dann besonders viele
Flüchtlinge nach Deutschland kommen könnten.

«Gemeinsam mit (Bundesinnenministerin) Nancy Faeser kämpfe ich in
Verantwortung für unsere Kommunen daher mit aller Kraft dafür, dass
unsere deutschen Anliegen aufgenommen werden und es in Europa zu
einem Asylsystem kommt, das auch im Krisenfall funktioniert statt Tür
und Tor für Chaos zu öffnen», schrieb Baerbock auf X weiter.
Gleichzeitig mahnte sie eine rasche Verabschiedung des Gemeinsamen
Europäischen Asylsystems an.

In der kommenden Woche treffen sich die Justiz- und Innenminister der
EU in Brüssel. Auf der Tagesordnung steht auch die Migrationspolitik.
Das Europaparlament hatte in der vergangenen Woche eine Blockade der
Verhandlungen über die geplante Asylreform angekündigt. Die
EU-Abgeordneten begründeten ihren Schritt auch damit, dass sich die
Regierungen der Mitgliedstaaten zur geplanten Krisenverordnung bisher
nicht positioniert haben. Brisant sind die Verzögerungen vor allem
wegen der nahenden Europawahl im Juni 2024.